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Blockchain

Was haben Wirecard und Neufund gemeinsam?

Auf den ersten Blick nicht ersichtlich, zeigt die strategische Neuausrichtung von Neufund sowie der Absturz von Wirecard ein Kernproblem des Finanzsektors auf. Auch wenn beide Firmen aus einer Vielzahl von Gründen ihren jüngsten Werdegang beschreiten, beleuchtet dieser Artikel einen Kernaspekt, der beide vereint: Regulierung.

June 28, 2020
5
min read
Henning
Wagner
Founder & CTO

Neufund: Zuviel Regulierung?

Vor einer Woche verkündete Neufund eine strategische Neuausrichtung ihrer Geschäftstätigkeiten. Einer der Hauptargumente für diesen Wechsel wird im unternehmenseigenen Blog angesprochen: "wir haben mit den zuständigen Behörden zusammengearbeitet und vollumfänglich kooperiert, jedoch hat der Entscheidungsprozess zu lange gedauert" (Ü.d.A.). Gründerin Zoe Adamovicz gibt im Interview mit der FAS an: "[ihres] Erachtens geht der Regulator so restriktiv vor, dass bald nichts mehr erlaubt sein wird und niemand etwas anpacken wird." (FAS Artikel, 21.6.2020, "Ein Start-up gegen Deutschland")

Kann also ein Zwischenfazit gezogen werden, dass zu viel bzw. zu beschränkend reguliert wird?

Wirecard: Zu wenig Regulierung?

Zum aktuellen Verlauf des Absturzes eines einstigen Branchenprimus bleibt wenig zu sagen. Zu erwarten ist eine zermürbende Aufarbeitung der Geschehnisse und die Suche nach Antworten auf die Frage: Welche Kontrollinstanzen haben versagt? Der Spiegel berichtete bereits Mitte Juni, dass von Bankguthaben "in Höhe von insgesamt 1,9 Milliarden Euro noch keine ausreichenden Prüfungsnachweise zu erlangen waren". Ein aktueller Bericht der Tagesschau greift bspw. auf, beim beauftragten Prüfungsunternehmen "beschäftigte sich [...] nur ein Mitarbeiter mit der Prüfung".

Kann also ein Zwischenfazit gezogen werden, dass zu wenig bzw. zu inkonsequent geprüft wird?

Regulierung: Ja – in richtigem Maße und sicher, dank modernster Technik!

Es zeigt sich, dass Regulierung, ihre Umsetzung sowie ihre Einhaltung absolut notwendig ist. Hier bringen transparente, vollautomatisierte Technologien wie die Blockchain einen entscheidenen Vorteil. Durch die transparente Verarbeitung aller Transaktionen ist es möglich, den lückenlosen Verlauf einer digitalen Buchung nachzuweisen. Ebenso wichtig ist die Fähigkeit der Skalierung der Blockchain; und das in beide Richtungen. Ob die Regulierung nun sehr detaillierte Vorgaben macht (was nach Neufunds eigener Aussage eine Bremse in der Innovationsgeschwindigkeit darstellt) oder es gilt, große und weitverzweigte Transaktionsströme (wie sie bei Wirecard vorlagen) festzuhalten: Auf beide Herausforderungen hat die Blockchain eine Antwort. Denn einmal technisch abgebildete Regeln – bspw. mittels Smart Contracts – können beliebig oft und in beliebiger Größenordnung eingesetzt werden. Dies erleichtert sowohl die Schaffung, als auch Einhaltung von digitalen Rahmenbedingungen. Einmal im System verankert, stellen sie die Leitplanken für alle Beteiligten dar.

Mit Blockchain wäre das alles also nicht passiert?

Nein, denn der Katalysator, den die Blockchain-Technologie mit ihrer Transparenz, Geschwindigkeit sowie umfangreichen Einsatzszenarien bietet, ist per se kein Allheilmittel. Auch bei einer kompletten Abbildung mittels gängiger Kryptowährungen – wie bspw. Bitcoin oder Ethereum – hätten die 1,9 Mrd. Euro von Wirecard abhanden kommen können. Obwohl ihr Verbleib nun nachweisbar gewesen wäre: Weg ist weg! Vor einem falschen Gebrauch – oder gar Missbrauch – könnten auch besagte Kryptowährungen nicht schützen und es gibt genug Fälle, in denen digitale Werte unwiderbringlich abhanden kamen (bspw. in einem von vielen Fällen eines verschwundenen Laptops).

Es kommt auf den richtigen Einsatz an

Es gilt Blockchain-Technologien in der Form einzusetzen, dass die Umsetzung ebenso wie die kontinuierliche Prüfung der Einhaltung von Regelwerken im Finanzsektor ermöglicht werden. Hierbei gibt es zwei Hemisphären, die abgebildet werden müssen: 

1. die Regulierung an sich sowie
2. ihre Einhaltungs-Kontrolle (und -Korrektur im Falle eines Regelverstoßes).

Die Grundsteine sind gelegt: Der Gesetzgeber erlaubt die Abbildung von Finanzinstrumenten mittels Blockchain-Technologie und Deutschland nimmt hier im europäischen Vergleich eine Vorreiterrolle ein. Die Einbettung der Technologie in bestehende Gesetze geschieht nicht über Nacht und wir befinden uns derzeit auf einem Digitalisierungs-Pfad. 

Wichtig ist, dass bestehende und neue Gesetze die technischen Möglichkeiten, wie Blockchain sie bietet, umfangreich einzusetzen wissen. Ebenso ist die Abstimmung eines kontrollierten Umgangs im Eventualfall zwingend notwendig. Alle Vorteile zum Trotz: Auch eine Blockchain wird nicht vor falscher Programmierung oder schadhafter Nutzung schützen. Gleichfalls, wie ein Gesetz nicht die Straftat oder Fahrlässigkeit selbst unterbindet, so schafft sie dennoch Klarheit über deren nachträglichen Umgang. Gleiches gilt es auch für Finanz-Blockchain-Systeme zu finden: Automatisierte Methoden in Form von Smart Contracts, die kontinuierlich die programmierten Rahmenbedingungen prüfen und somit die Einhaltung hochkomplexer, weitverzweigter Finanz-Ökosysteme ermöglichen, sowie ein transparentes technisches und fachliches Rahmenwerk, das dem Gesetzgeber die Möglichkeit des Korrektivs bietet.