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Zukunft gestalten: Die Kultur- und Kreativwirtschaft im Wandel

Zukunft gestalten: Die Kultur- und Kreativwirtschaft im Wandel

FINEXITY
4 Minuten 
Lesezeit
February 4, 2022

Künstler, Kreative und Kulturinstitutionen wurden von der Pandemie besonders hart getroffen. Aufgrund wiederholter Lockdowns, Beschränkungen bei der Auslastung von Veranstaltungen und der Einführung von Zugangsregeln verzeichnete die Branche in den vergangenen zwei Jahren Milliardenverluste. Der Bund reagierte darauf mit einem milliardenschweren Förderprogramm zur Unterstützung. Wird sich das Rad der Zeit mit finanziellen Hilfen einfach zurückdrehen lassen – oder kann die Kunstbranche von der Pandemie nachhaltig transformiert werden?

„Neustart Kultur": Das Rettungsprogramm der Bundesregierung

Allein 2020 hat die deutsche Kultur- und Kreativwirtschaft Umsatzeinbußen in Höhe von über 22 Milliarden Euro erlitten. Um den Kulturbetrieb und die kulturelle Infrastruktur zu erhalten beziehungsweise wieder zum Laufen zu bringen, hat die Bundesregierung im Sommer 2020 das Programm Neustart Kultur ins Leben gerufen. Das Rettungs- und Zukunftsprogramm in Höhe von zunächst einer Milliarde Euro ist in folgende vier Programmlinien gegliedert:

  • Pandemiebedingte Investitionen (bis zu 250 Millionen Euro)
  • Stärkung der Kulturinfrastruktur (bis zu 480 Millionen Euro)
  • Alternative, auch digitale Kulturangebote (bis zu 150 Millionen Euro)
  • Kompensation pandemiebedingter Einnahmeverluste und Mehrbedarfe bei bundesgeförderten Häusern und Projekten (bis zu 100 Millionen Euro)


Aufgrund der hohen Nachfrage stockte der Bund die Fördermittel 2021 um eine weitere Milliarde Euro auf. Viele deutsche Künstler und Kulturbetriebe dürften im internationalen Vergleich mithilfe staatlicher Unterstützung relativ gut durch die Krise kommen. Sorgen bereitet der Branche jedoch die mögliche Veränderung von Verbrauchergewohnheiten und die Transformation der Branche, die sich durch die Corona-Pandemie beschleunigt.

Probleme und Potenziale der Kulturbranche

In über zwei Jahren Pandemie ist vielen Kunst- und Kulturliebhabern die Selbstverständlichkeit genommen worden, ins Theater zu gehen, eine Ausstellung zu besuchen oder im Kino einen Film anzusehen. Viele Angebote wurde während der monatelangen Lockdowns gestreamt oder virtuell zugänglich gemacht, wodurch Kulturinteressierte Vorführungen oder Ausstellungen ganz einfach von zu Hause aus genießen konnten. Dies ist möglicherweise nicht jedermanns Sache, wirft aber die Frage auf, ob postpandemisch überhaupt ein unveränderter Weg zurück in die Kulturstätten führt?

Fest steht, dass die Kultur- und Kreativwirtschaft auch 2022 mit extremen Herausforderungen konfrontiert wird. Neben veränderten Gewohnheiten, strengen Hygieneauflagen, Zugangs- und Besucherbeschränkungen muss sich die Branche auch „alten“ Aufgaben stellen, die durch die Pandemie in den Fokus getreten sind. Dazu zählen beispielsweise der verschärfte Wettbewerb durch die Etablierung digitaler Plattformen und Vertriebskanäle, der Wegfall großer Kunstmessen, sowie neue Gestaltungsformen wie z.B. NFT (Non Fungible Token) für einzigartige, digitale Objekte.

Die Pandemie hat die Probleme verschärft, die bereits vorher existierten, bietet aber gleichzeitig die Chance, neue, kreative Wege zu beschreiten und Wandel als Normalität zu begreifen.

Von der elitären Kunstwelt zur vernetzten Creator Economy

Zentral ist dabei auch das neue Selbstverständnis und Auftreten der Kunstschaffenden an sich. Dank Plattformen wie Instagram, YouTube oder TikTok hat sich das Bild des „Künstlers” im vergangenen Jahrzehnt hin zum „Creator” gewandelt. Statt Kunstschaffender, die im Studio oder Atelier arbeiten und die Vermarktung ihrer Werke Galerien, Verlagen oder Agenten überlassen, sind Content Creator heutzutage eine „one man show”. Blogger, Influencer oder YouTuber zeigen und verkaufen sich selbst, ihr Talent bzw. Werk schnell, global, interaktiv und – unterstützt von digitalen Plattformen – ohne Mittelsmänner.

Die sogenannte Creator Economy zählte 2021 weltweit mehr als 50 Millionen Content Creator. 2,3 Millionen Menschen geben an, dass sie hauptberuflich eigenen Content vermarkten – und davon teils deutlich besser leben können, als „herkömmliche” Künstler. Vergleicht man beispielsweise das durchschnittliche Jahresgehalt eines deutschen Freiberuflers aus der Musikbranche (2021 rund 12.000 Euro) mit dem eines Influencers (2021 rund 32.000 Euro), so wird schnell deutlich, dass Content Creator mit entsprechender Reichweite mehr verdienen können.

Zudem kennt digitale Selbstvermarktung noch weitere Vorteile: Statt ein Kunstwerk einmal zu verkaufen, erzielen beliebte Creator wiederkehrende Einnahmen durch loyale Fans, die Livestreams mit „Coins” belohnen und Affiliate-Marketing oder Merchandising. Die Influencer, die laut einer aktuellen Studie zu den vier Prozent weltweit gehören, die von ihren Social-Media-Aktivitäten leben können, verdienen durchschnittlich 5.912 Dollar im Monat. Rechnet man die angegebenen Einnahmen auf einen Stundenlohn herunter, verdienen Mikro-Influencer durchschnittlich 31 Dollar, Mega-Influencer sogar rund 187 Dollar pro 60 Minuten.

Die Zukunft gestalten: digitale Plattformen als Innovationstreiber

Die digitale Transformation im Kultursektor ist nicht zu stoppen und wird zu einem umfassenden Wandel der Gesellschaft und Kunstbranche führen. Digitalisierung bedeutet jedoch nicht, nur eine neue Technik einzusetzen, sondern hat vielfältige Auswirkungen auf die Gestaltung von Prozessen und Plattformen. Der Transformationsprozess für Künstler und Institutionen hat kreative, technische, organisatorische und personelle Dimensionen. Im Idealfall entstehen daraus innovative Geschäftsmodelle und Plattformen, die als Treiber von Reichweite und Förderer von Kollaboration und Kreativität fungieren.

Das Wachstum der digitalen Kreativwirtschaft wäre ohne die rasante Entwicklung des Internets von statischen Seiten hin zu dezentralen Plattformen wie dem Metaverse oder Web3 nicht denkbar. Ein Anwendungsbeispiel für digitale Kunst, die mit der analogen Welt verschmilzt, sind NFTs. Kunstwerke oder Sammelobjekte in Form von Non Fungible Token haben 2021 Rekordsummen bei Verkäufen und Versteigerungen erzielt und könnte 2022 endgültig im Mainstream ankommen. Besitzansprüche und Transaktionsdaten sind dabei auf der Ethereum Blockchain gespeichert und unveränderlich gesichert. Neben Kunst werden mittlerweile auch virtuelle Gegenstände wie Marken-Sneaker, Grundstücke oder Uhren (Metawatches) als NFT gehandelt.

Experten gehen dabei davon aus, dass digitalisierte Vermögenswerte neben realen Collectibles wie beispielsweise Kunstwerken oder Luxusautos durchaus koexistieren können und Sammelleidenschaft im virtuellen Raum visualisierbar machen. Die Kultur- und Kreativwirtschaft kann deshalb auch in Zukunft eine zentrale Rolle bei der digitalen Transformation unserer Gesellschaft einnehmen, neue Geschäftsmodelle etablieren und Zielgruppen ansprechen, denen Kunst und Kultur bislang nicht zugänglich war.

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