EUROC: Welche Perspektive hat der EU-Stablecoin?
Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum kennt mittlerweile fast jeder. Beim Thema Stablecoins tappen allerdings viele Anleger noch im Dunkeln. Dabei beläuft sich deren Marktkapitalisierung mittlerweile auf insgesamt rund 150 Milliarden Dollar. Der Markt wird aktuell noch klar von US-Stablecoins dominiert. Mit dem Euro Stablecoin EUROC - der jedoch nicht von der EZB ausgegeben wird - könnte sich das bald ändern.
Denn die Nachfrage von größeren Finanzinstituten und Privatanlegern nach einem regulatorisch abgesicherten Euro-Stablecoin ist groß und der EUROC Emittent Circle könnte zeitnah mit dessen Ausgabe beginnen. Erfahren Sie, wie Stablecoins konzipiert, und welche Vor- und Nachteile mit dem EUROC verbunden sind.
Stablecoins: Die stabile Kryptowährung?
Im Gegensatz zu anderen Kryptowährungen sind Stablecoins kein Rendite- bzw. Spekulationsobjekt, denn ihr Kurs bleibt größtenteils konstant. Deshalb werden sie von Anlegern gerne genutzt, um ihr Kryptovermögen möglichst risikoarm zu „parken“ oder als weniger volatiles und weltweit verfügbares Zahlungsmittel eingesetzt.
Die Stabilität entsteht dadurch, dass Stablecoins versuchen, einen konstanten Wechselkurs zu Fiatwährungen aufrechtzuerhalten – in den meisten Fällen durch eine 1:1-Kopplung an den Dollar. Neben einer Bindung an Fiatwährungen (US-Dollar, Euro, Yen etc.) können Stablecoins auch an Rohstoffen (eine Unze Gold, ein Fass Öl etc.) oder andere Kryptowährungen gekoppelt werden. Zudem sind algorithmische Absicherungen möglich. Hierbei werden bei einer hohen Nachfrage neue Coins erzeugt und bei sinkender Nachfrage wird das Überangebot aufgekauft. Das Gesetz von Angebot und Nachfrage soll dazu führen, dass der Wert dieser Stablecoins nicht zu sehr schwankt.
Im Mai 2022 wurde das Vertrauen in Algorithmus-basierte Stablecoins (und die gesamte Kryptobranche) allerdings massiv erschüttert, da beim Zusammenbruch von Terra/LUNA viele Investoren einen Totalverlust erlitten. Terra USD (UST) war ein algorithmischer Stablecoin. Das bedeutet, dass er keine Reserven in Dollar oder anderen Fiatwährungen hat. Stattdessen sollte sein Wert durch einen komplexen Algorithmus aufrechterhalten werden. Da der dezentrale Stablecoin an den LUNA-Token gekoppelt war, mussten nach einem Abverkauf massiv LUNA-Coins geschürft werden, um den UST zu stabilisieren. Infolgedessen brach der zugrunde liegende Algorithmus zusammen, Anleger verkauften in Panik und setzten so auch Kryptowährungen wie Bitcoin oder Ethereum massiv unter Druck.
Dagegen sind marktführende Stablecoins wie Tether, USDC und Binance USD mit Fiatwährungen abgesichert. Rund 95 % davon verwenden den US-Dollar als Referenzwährung, während der Euro mit einem Marktanteil von etwa 0,2 Prozent als Stablecoin-Referenzwährung keine nennenswerte Rolle spielt.
Besonders erstaunlich ist die geringe Stablecoin-Marktkapitalisierung des Euro vor allem im Gesamtkontext: Der Euro macht schließlich rund 37 Prozent der globalen SWIFT-Zahlungen und 20 Prozent der weltweiten Währungsreserven aus. Doch das könnte sich dank des neuen EUROC Stablecoins - zumindest auf niedrigem Niveau - bald ändern.
EUROC: EU-Stablecoin mit amerikanischen Wurzeln
Anfang Juli 2022 kündigte die US-Fintech-Firma Circle die Einführung eines auf dem Ethereum-Netzwerk basierenden Euro-Stablecoins (EUROC) an. Circle ist Teil des Konsortiums hinter USDC, dem zweitgrößten Stablecoin in US-Dollar. Der an sich für Europa konzipierte EUROC hat jedoch nicht nur einen US-amerikanischen Emittenten: Circle hat sich außerdem dazu entschieden, den geplanten Euro-Stablecoin über die US-Bank Silvergate auszugeben.
Die Einführung des EUROC ziele laut einer Unternehmensmeldung darauf ab, „die erfolgreiche Arbeit von Circle bei der Förderung des reibungslosen Austauschs von Finanzwerten und der Überbrückung von kryptonativen und traditionellen Finanzdienstleistungen weiterzuführen". Mit einem solchen Euro-Stablecoin würden künftig unkomplizierte Euro-Überweisungen in der ganzen Welt möglich sein, wie es bereits beim US-Dollar der Fall ist. Unternehmen können EUROC als Zahlungsmethode integrieren, um ihre Geschäfte einfacher und benutzerfreundlicher zu gestalten und den Geldfluss für B2B-Kunden zu beschleunigen. Zudem werden Privatpersonen ein Instrument für blitzschnelle, grenzüberschreitende Überweisungen haben, bei denen kaum Gebühren anfallen.
Momentan steht jedoch die Frage im Raum, wie die europäischen Regulatoren zum EUROC stehen werden und: Was der neue Gesetzesrahmen „Markets in Crypto-Assets” (MiCA) für Circle bedeuten könnte, der interessanterweise am Tag der EUROC Lancierung verabschiedet wurde.
MiCA beinhaltet eine Fülle von Vorgaben, die von unbesicherten Kryptowährungen und Stablecoins über Kryptobörsen bis hin zu Krypto-Wallets reichen und der Transparenz und dem Verbraucherschutz dienen sollen. Kritisch ist jedoch die Betriebsstätten-Anforderung für Unternehmen. Diese müssen künftig in der EU ansässig sein, um einen Euro-Stablecoin ausgeben zu können.
Zurzeit kann Circle den EUROC noch ohne Bewilligung anbieten, müsste sich aber nach Inkrafttreten von MiCA in zwei Jahren mit den Regularien arrangieren. Denkbar ist auch eine - paradoxe - Lösung, bei der der EUROC allen Usern außerhalb Europas zur Verfügung steht, nicht aber den Europäern selbst.
Wo bleibt der digitale Euro der EZB?
Angesichts dieser von den USA vorangetriebenen Entwicklung stellt sich natürlich die Frage, wann der lang erwartete, digitale Euro der EZB endlich kommt.
Der digitalen Euro soll als sogenannte Central Bank Digital Currency (CBDC) direkt von der EZB ausgegeben werden. Wie auch der EUROC soll digitales Zentralbankgeld die Chance bieten, den internationalen Zahlungsverkehr schneller, kostengünstiger und transparenter zu machen. Der digitale Euro könnte jedoch auf höchstens 1,5 Billionen Euro limitiert werden – das entspräche etwa 3.000 bis 4.000 digitalen Euro pro Einwohner.
Die EZB prüft schon seit einigen Jahren die mögliche Einführung einer digitalen, europäischen Gemeinschaftswährung. Seit Oktober 2021 arbeiten Experten in einer Untersuchungsphase an spezifischen Fragen zur möglichen Ausgestaltung, Technologie und Datenschutzfragen. Sie läuft noch bis Oktober 2023. Im Jahr 2025 könnte dann der digitale Euro lanciert werden, der Bargeld aber lediglich ergänzen und nicht ersetzen soll.