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Mythos Leitzins: der Einfluss auf Immobilien, Wertpapiere und Gold

Mythos Leitzins: der Einfluss auf Immobilien, Wertpapiere und Gold

FINEXITY
4 Minuten 
Lesezeit
February 21, 2025

Das politische, wirtschaftliche und ökologische Weltgeschehen ist seit vielen Jahren von Unsicherheiten geprägt, die sich momentan noch zuspitzen. Zum Beispiel aufgrund von Kriegen, Krisenherden, politischen Machtverschiebungen und wirtschaftlichen Herausforderungen. Eine Institution, die all diese Faktoren in ihre Entscheidungen miteinkalkulieren muss, ist die Zentralbank eines Landes. Sie bestimmt den Leitzins und hält damit ein mächtiges, geldpolitisches Tool in ihren Händen. Doch wie groß ist der Einfluss der Zinspolitik eigentlich, welche Mythen kursieren hartnäckig, und worauf sollten sich Anleger in kommender Zeit einstellen?

Aktuelle Zinspolitik USA vs. Europa

Mit dem Leitzins haben die Zentralbanken weltweit ein wichtiges Werkzeug an der Hand: Sie ändern die Zinsen, um den Anstieg der Inflation zu kontrollieren. Wenn die Teuerungsrate beispielsweise zu hoch ist, hebt die Zentralbank ihren Leitzins an. Diese Maßnahme führt zu weniger Ausgaben, drosselt die Wirtschaft und bremst so das Tempo der Inflation. Senkt sie dagegen den Leitzins, um die Wirtschaft zu stimulieren und Ausgaben anzuregen, fördert die Zentralbank tendenziell das Wirtschaftswachstum. Das funktioniert zumindest in der Theorie gut, wobei immer auch politische Faktoren berücksichtigt werden müssen. So zum Beispiel der Ukraine-Krieg oder Nahost-Konflikte.

In Deutschland liegt der EZB-Leitzins derzeit auf einem Niveau, das vor wenigen Jahren noch undenkbar gewesen wäre. Nach Jahren der Null- und Negativzinsen als Reaktion auf die Finanzkrise 2008 / 2009 hat die EZB 2023 wieder eine restriktivere Geldpolitik eingeschlagen, um der Inflation entgegenzuwirken. Diesen Kurs setzte die Notenbank fort und senkte im Dezember 2024 den Einlagenzins um 0,25 Prozentpunkte auf 3,0 %. Im Februar 2025 folgte eine weitere Senkung auf 2,75 %. Diese Maßnahmen zielen darauf ab, die schwächelnde Konjunktur im Euroraum zu stützen. Trotz eines unerwarteten Anstiegs der Inflation auf 2,5 % im Januar 2025 bleibt die EZB zuversichtlich, ihr Inflationsziel von 2 % im Laufe des Jahres zu erreichen.

Die US-Notenbank Fed befindet sich in einer ähnlichen Lage, verfolgt aktuell jedoch eine andere Strategie: Sie hat die Zinsen in den vergangenen Jahren in mehreren Schritten angehoben, was zu einer Verlangsamung des Wirtschaftswachstums geführt, aber auch die Inflation spürbar eingedämmt hat. Im Dezember 2024 senkte die Fed den Leitzins dann wieder um 0,25 Prozentpunkte auf eine Spanne von 4,25 % bis 4,50 %. Dies war die dritte Zinssenkung in Folge, doch im Januar 2025 änderte die Notenbank ihren Kurs: Sie ließ den Leitzins unangetastet, wobei sie die Möglichkeit von bis zu zwei weiteren Senkungen im Laufe des Jahres in Erwägung ziehen könnte, falls die Inflation weiter zurückgeht.

Es ist also ein Mythos, dass ein niedriger Leitzins immer einen wirtschaftlichen Aufschwung bedeutet, während ein hoher Leitzins die Wirtschaft zwangsläufig abwürgt. Vielmehr hängt der Effekt von Leitzinses-Anpassungen stark vom gesamten, wirtschaftlichen Umfeld ab. So schaffen beispielsweise niedrige Zinsen oft Blasen, während höhere Zinsen eine wirtschaftliche Stabilisierung vorantreiben können.

Börse hängt am Zins-Tropf?

Die Zinspolitik der Zentralbanken hat auch erkennbare Auswirkungen auf den Finanzmarkt. Beispielsweise führen hohe Zinsen dazu, dass die Kreditaufnahme für Unternehmen teurer wird. Zudem schichten manche Anleger ihr Depot um und favorisieren zinsgebundene Anlageformen statt Wertpapiere. Infolgedessen können die Aktienkurse fallen. Besonders Aktien sogenannter Wachstumsunternehmen mit einem hohen Fremdverschuldungsgrad haben in den vergangenen Jahren unter der strafferen Geldpolitik gelitten. Gleichzeitig boten steigende Zinsen einigen Branchen auch Chancen: Zum Beispiel profitierten Banken und Versicherungen oft von höheren Erträgen. 

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt außerdem: Aktien laufen zwar dann gut, wenn die Zinsen sinken. Doch manchmal geschieht das erst mit einer Verzögerung, in der es durchaus auch mal zu Kursverlusten kommen kann. Zum Beispiel hat die Europäischen Zentralbank als Reaktion auf die Finanzkrise den Leitzins im Zeitraum Oktober 2008 bis Mai 2009 in mehreren Schritten von 4,25 auf ein Prozent gesenkt. Der Dax verlor in den ersten fünf Monaten dennoch kräftig, und stieg erst danach auf neue Rekordhochs.

Es ist also ein Mythos, dass Leitzinsänderungen immer direkt mit der Aktienkursentwicklung korrelieren. Denn für nachhaltige Kursgewinne brauchen die Börsen mehr als nur fallende Zinsen - nämlich vor allem ein stabiles Wirtschaftswachstum. Investoren sollten ihr Augenmerk deshalb nicht nur auf den Leitzins, sondern auch auf konjunkturelle Frühindikatoren wie beispielsweise den Ifo-Geschäftsklimaindex richten.

Bauzinsen orientieren sich an Bundesanleihen

Auch für die Höhe der Bauzinsen ist die Zinspolitik der Zentralbanken relevant. Allerdings ist für die Entwicklung der Baukredite vor allem die Rendite zehnjähriger Bundesanleihen entscheidend. Steigt diese, erhöhen sich in der Regel auch die Zinsen für Pfandbriefe, die Banken zur Refinanzierung ihrer Baufinanzierungen nutzen. Infolgedessen steigen auch die Bauzinsen, und umgekehrt.

Bis 2022 hat der Baufinanzierungsmarkt dank Niedrig- und Nullzinsen Rekordjahre erlebt. Mit der Zinswende der EZB Anfang 2022 änderte sich die Lage. Die Hypothekenzinsen stiegen rasant an und erreichen ihren Höhepunkt bei über vier Prozent Ende 2023. Es folgten mehrere Zinssenkungen, wodurch Finanzierungen wieder attraktiver wurden. Derzeit (Stand: Februar 2025) liegen die Bauzinsen - je nach Laufzeit und anderen, individuellen Parametern - bei um die drei Prozent.

Historisch betrachtet sind die Konditionen für Immobilienkäufer jedoch gut. Zumal wenig neu gebaut wird, die Mieten weiter steigen und die Immobilienpreise in gefragten Metropolen wie beispielsweise Berlin, Hamburg, Frankfurt oder München in den kommenden Jahren anziehen dürften.

Die Geldpolitik der Notenbanken ist also - wie oft behauptet wird - nicht allein verantwortlich für die Entwicklungen an den Immobilienmärkten. Sie haben aber natürlich einen Einfluss auf die Nachfrage, die bei niedrigen Bauzinsen entsprechend höher ist.

Zinsen fallen, Gold glänzt?

Gold wirft im Gegensatz zu Aktien oder Immobilien keine laufenden Erträge wie Dividenden, Zinsen oder Mieten ab. Die Gold-Rendite bemisst sich allein an der Goldpreisentwicklung, die vom Leitzins abhängen kann. Theoretisch sollten sich Zinssenkungen positiv auf die Entwicklung des Goldpreises auswirken und steigende Zinsen müssten die Goldnachfrage dämpfen - so zumindest die weit verbreite Meinung. Doch das ist eine sehr enge Sichtweise, die einer näheren Überprüfung nicht standhält. So hat der Goldpreis in den vergangenen Jahren parallel zu steigenden Zinsen massiv angezogen und markierte ein Rekordhoch nach dem anderen. Denn Gold hat mehrere Funktionen und wird oft als Krisenwährung und Inflationsschutz gesehen, was gerade in Zeiten geopolitischer Unsicherheiten und anhaltender Rezessions-Ängste zum Tragen kommt.

Die Leitzinsentwicklung hat also nicht immer einen unmittelbaren Einfluss auf den Goldpreis. Gerade in unsicheren Zeiten bleibt Gold als “sicherer Hafen” gefragt und hat durchaus seine Berechtigung als Portfoliobaustein zur Wertaufbewahrung und Risikoabsicherung.

Zusammenfassend gilt, dass der Leitzins ein Schlüsselindikator für die Finanzmärkte sein kann - aber nicht muss. Für Anleger bedeutet das, möglichst flexibel zu bleiben, die Entwicklungen genau zu beobachten und das Portfolio diversifiziert zu gestalten. Denn während beispielsweise Immobilien und Aktien von sinkenden Zinsen profitieren können, wirken Sachwerte-Investments wie seltene Musikinstrumente oder Kunst oft stabilisierend, da sie kaum mit den Finanzmärkten korrelieren.

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