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Risiko AT1-Anleihen? Welche Folgen die Credit Suisse Krise haben könnte

Risiko AT1-Anleihen? Welche Folgen die Credit Suisse Krise haben könnte

FINEXITY
4 Minuten 
Lesezeit
March 24, 2023

Seit Monaten häufen sich die negativen Pressemeldungen zum Thema Credit Suisse. Zum Beispiel im Oktober 2022, als bereits über ein erhöhtes Kreditausfallrisiko der Schweizer Bank spekuliert wurde. Die stützenden Maßnahmen durch die Schweizer Notenbank in Kombination mit der UBS-Übernahme der Credit Suisse haben den Finanzmarkt zwar etwas beruhigt. Doch ein Teilsegment könnte nun vor einer völligen Neubewertung stehen. Es handelt sich dabei um den noch recht jungen Markt für sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen, auch "CoCo-Bonds" oder “AT1-Anleihen” genannt. Sie wurden ironischerweise nach der Finanzkrise 2007/2008 entwickelt, um Banken krisenfester zu machen - könnten im derzeitigen Umfeld jedoch mehr Schaden als Nutzen stiften.

Credit Suisse: Was ist passiert?

Das Thema AT1-Anleihen hängt unmittelbar mit der Credit Suisse Krise zusammen. Denn mit der Notübernahme durch die UBS sind CoCo-Bonds der Credit Suisse praktisch wertlos geworden. Doch wie konnte es dazu kommen?

Zunächst einmal: Die (größtenteils hausgemachten) Probleme der Credit Suisse sind nicht neu. Bereits 2014 bekannte sich die Credit Suisse in einem US-Steuerhinterziehungsfall schuldig. Ihr wurde vorgeworfen, wohlhabenden Amerikanern bei der Steuerhinterziehung geholfen zu haben. Infolgedessen erklärte sich die CS dazu bereit, eine Geldstrafe in Höhe von 2,6 Milliarden Dollar an die US-Behörden zu zahlen. Es folgten noch diverse Strafzahlungen wegen Geldwäsche, kriminellen Kunden und Schmiergeld-Skandalen. Besonders hart traf die Credit Suisse jedoch der Zusammenbruch des britisch-australischen Finanzdienstleisters Greensill Capital im März 2021, da die Bank Milliarden in Greensill investiert hatte. Nach der Insolvenz schloss die CS vier mit Greensill verbundene Fonds, in denen zehn Milliarden Dollar angelegt waren. Nur kurze Zeit später erlitt die Credit Suisse durch den Zusammenbruch von Archegos Capital Management, einem Family Office, das mit geliehenem Geld riskante Geschäfte tätigte, Verluste in Höhe von rund fünf Milliarden Dollar.

Infolgedessen musste die Credit Suisse weitreichende Umstrukturierungen und Änderungen in der Geschäftsleitung vornehmen, um das Vertrauen der Investoren zurückzugewinnen und ihre Finanzkontrolle und Bilanz zu verbessern. Doch die Reputation der Schweizer Bank hatte bereits so gelitten, dass immer mehr Kunden Geld abzogen. Allein im vierten Quartal 2022 kam es zu Nettoabflüssen in Höhe von 110,5 Milliarden Franken (112,1 Milliarden Euro). Im März 2023 kündigte schließlich der Großaktionär Saudi National Bank an, kein frisches Geld mehr einschießen zu können, da das Institut aus aufsichtsrechtlichen Gründen nicht mehr als zehn Prozent an der Credit Suisse halten dürfe. Dies stürzte die CS in enorme Liquiditätsprobleme.

Zunächst hielten sich die Finanzmarktaufsicht und die Notenbank in der Schweiz noch zurück. Schließlich musste aber die Schweizerische Nationalbank der Credit Suisse mit rund 50 Milliarden Franken unter die Arme greifen und schlussendlich blieb nur noch die Rettung durch den Konkurrenten UBS, der die CS für drei Milliarden Franken übernahm.

AT1-Anleihen: Neubewertung der gesamten Asset-Klasse?

Die Finanzmärkte waren daraufhin etwas beruhigt. Doch der Markt für sogenannte Additional-Tier-1-Anleihen (AT1-Anleihen) ist in Aufruhr, da Inhaber von CoCo-Bonds der Credit Suisse im Gesamtwert von 16 Milliarden Franken vor dem Totalverlust stehen. Denn die Papiere werden im Zuge der Übernahme durch die UBS auf Anordnung der Schweizer Bankenaufsicht Finma vollständig abgeschrieben - und das, obwohl die Aktionäre der CS noch rund drei Milliarden Franken in Form von UBS-Aktien erhalten.

Zu den Investoren mit den größten Beständen an AT1-Anleihen der Credit Suisse gehört die Allianz-Fondstochter Pimco. Der Wert der Papiere, die der Vermögensverwalter hält, beläuft sich angeblich auf 807 Millionen Dollar. Außerdem halte Pimco auch vorrangige Bankanleihen der Credit Suisse im Wert von fast drei Milliarden Dollar.

Auf den Asset Manager Invesco entfallen Medienberichten zufolge rund 370 Millionen Dollar an AT1-Papieren der Credit Suisse. Das AT1-Engagement von Blackrock habe sich per Ende Februar auf rund 113 Millionen Dollar belaufen.

Gerade in Zeiten niedriger Zinsen boten Anleihen teils attraktive Renditen. Denn bei einer Anleihe handelt es sich prinzipiell um ein festverzinsliches Wertpapier, welches einen schuldrechtlichen Anspruch auf die Zahlung des in der Anleihe festgelegten Zinses sowie die Rückzahlung des Nennwertes zum Ende der Laufzeit verbrieft. Dabei reicht die Bandbreite der erhältlichen Anleihen jedoch von soliden Geldanlagen mit niedrigerem Anleihezins bis hin zu hochspekulativen und überaus riskanten Anleihen mit einer Rendite, die teilweise im zweistelligen Bereich liegen kann.

Zur letzteren Kategorie zählen AT1-Anleihen. Dies sind Wandelanleihen, die von einem bestimmten Ereignis, dem sogenannten Trigger, abhängen - zum Beispiel dem Absinken der Eigenkapitalquote einer Bank. In diesem Moment wird dann das Fremdkapital der Bank automatisch in Eigenkapital umgewandelt. 

Durch die mögliche Zwangsumwandlung in Eigenkapital wird zwar die Krisenfestigkeit der Banken gestärkt - allerdings auf Kosten der Anleihegläubiger, die im Krisenfall schlechter gestellt werden, da sie durch die Umwandlung zu Aktionären werden. Weil sie gegenüber anderen Anleihegläubigern in jedem Fall im Rang nachstehen, werden AT1-Anleihen auch zu den Nachranganleihen gezählt.

Immer mehr Banken haben in den vergangenen Jahren CoCo-Bonds ausgegeben. Denn infolge der Finanzkrise sind die Eigenkapitalanforderungen an die Banken deutlich gestiegen, sodass diese ihr Kernkapital und Pufferkapital stärken müssen. Auch sind Banken nach den immer strenger werdenden Eigenkapitalvorschriften nach Basel III gezwungen, sich für Krisenfälle abzusichern und können mithilfe dieser Produkte trotz Absicherung flexibel bleiben. Zudem können mittels AT1-Anleihen Gläubigern Verluste auferlegt werden, statt auf Steuergelder zurückgreifen zu müssen, wenn Banken in Schwierigkeiten geraten.

Der Fall der Credit Suisse ist für die gesamte Asset-Klasse jedoch besonders prekär, da erstmals die Gläubiger einer nachrangigen Anleihe schlechter als die Aktionäre gestellt werden. Dieser Präzedenzfall könnte den auf rund 250 Milliarden Euro geschätzten AT1-Markt in heftige Turbulenzen stürzen - und einen weiteren “Dominoeffekt” auf die Finanzmärkte haben.

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