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Grundwissen Geldanlage

Aktienrücklage: Retten Aktien und ETFs das deutsche Rentensystem?

Angesichts des demografischen Wandels, der hohen Inflation, des Generationswechsels der geburtenstarken Babyboomer-Jahrgänge und einer mangelnden, privaten Altersvorsorge ist eine Reform des deutschen Rentensystems dringend nötig. Denn die Rentenlücke wird in den kommenden Jahren wachsen. Schon jetzt pumpt der Staat mit dem Geld von Steuerzahlern jedes Jahr rund 100 Milliarden Euro in die Rentenkasse. Das entspricht rund einem Viertel des Bundeshaushalts. Erfahren Sie, was die aktienbasierten Rentenpläne der Ampelkoalition beinhalten und warum Bürger dennoch privat für einen finanziell unbeschwerten Lebensabend vorsorgen sollten.

January 25, 2023
5
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FINEXITY
AG
Redaktion

Jeder zweite Deutsche über 60-Jährige macht sich zurecht Gedanken über Altersarmut, wie eine aktuelle Umfrage des Bankenverbandes zeigt. Gleichzeitig sorgen jedoch immer weniger Menschen für den Ruhestand vor.

Warum soll die Aktienrücklage eingeführt werden?

Bisher wird die gesetzliche Rente rein nach dem sogenannten Umlageprinzip finanziert. Das heißt: Aus den Einzahlungen der Arbeitnehmer in die Rentenversicherung werden die Renten bezahlt. Der demografische Wandel setzt dieses System jedoch stark unter Druck, da so langfristig auf einen Beitragszahler rechnerisch immer mehr Rentenempfänger kommen. Die sogenannte Aktienrücklage soll nun dazu beitragen, das rein umlagefinanzierte System zu verlassen. Denn ohne eine umfassende Reform könnte es sein, dass der Bund in 25 Jahren mehr als die Hälfte des Haushalts für die Rente ausgeben muss.

Wie sehen die neuen Rentenpläne aus?

Die geplante Aktienrücklage ist der Nachfolger der ursprünglich angedachten Aktienrente. Noch im August 2022 empfahl der wissenschaftliche Beirat dem Bundesfinanzministerium, dass aus den Erträgen der Aktienrente irgendwann Beiträge ausgezahlt werden sollen. Die Pläne sahen vor, dass die Aktienrente direkt die Rente absichern und erhöhen sollte. Das Versprechen der Liberalen lautete damals: „Durch unser Modell erwerben zukünftig alle Beitragszahlerinnen sowie Beitragszahler – insbesondere auch Geringverdiener – echtes Eigentum für ihre Altersvorsorge und erhalten höhere Altersrenten." Einige europäische Länder, wie z.B. Schweden, praktizieren dies bereits seit Jahrzehnten erfolgreich.

Doch die Pläne der FDP scheiterten. Deshalb wird aus der Aktienrente eine Aktienrücklage, die den Beitragszahlenden und der Rentenkasse helfen soll. Mit der Aktienrücklage würden laut einem Konzept des Bundesfinanzministeriums die „Renditechancen“ des globalen Kapitalmarkts genutzt, der Bundeszuschuss zur Rente verringert und das Rentenniveau langfristig angehoben werden.

Der für den Einstieg in die Kapitaldeckung notwendige Kapitalstock soll mit Schulden aufgebaut werden. Dazu würden im Jahr 2023 Haushaltsmittel in Form von Darlehen in Höhe von zehn Milliarden Euro zugeführt werden. Für die Erwirtschaftung von Erträgen sei laut Konzept „eine global-diversifizierte, langfristige und kontinuierliche Kapitalanlage geplant, um negative Kapitalmarktrenditen überbrücken zu können, die vor allem bei kurzfristigen Anlagehorizonten ein Risiko darstellen". Die Erträge aus den Wertpapieren sollen dann von Mitte der 2030er Jahre an in die Rentenversicherung fließen, um sie finanziell zu stärken.

Der kreditfinanzierte Aufbau des Kapitalstocks hat wohl auch einen klaren Vorteil für die Bundesregierung: haushaltstechnisch gelte die Finanzierung als Vermögenstransaktion. Der Bund erwirbt damit Forderungen gegen den Fonds. Die aufgenommenen Kredite seien daher nicht als Schulden im Sinne der grundgesetzlichen Schuldenbremse einzustufen.

Welche Kritik gibt es bezüglich der Aktienrücklage?

Noch ist die Aktienrücklage keine beschlossene Sache, doch schon mehren sich die kritischen Stimmen, die das Konzept als ungenügend oder zu spekulativ bewerten. So sagte beispielsweise Christian Lindner (FDP): „Wir brauchen mittel- bis langfristig eine dreistellige Milliardensumme, damit die Erträge der Aktienanlage einen spürbaren Effekt auf die Stabilisierung der Rentenbeiträge und des Rentenniveaus haben können“.

Auch das Verbraucherportal Finanztip hat ausrechnen lassen, dass die Aktienrücklage des Bundes statt zehn Milliarden ein Volumen von mehr als 210 Milliarden Euro betragen müsste, um eine Beitragssteigerung von einem Prozent zu verhindern. Dabei wird davon ausgegangen, dass sich am Aktienmarkt im langjährigen Durchschnitt Renditen von acht Prozent pro Jahr erwirtschaften lassen. Eine Annahme, die in schwachen Börsenjahren wie 2022 nicht haltbar wäre.

Der Deutsche Gewerkschaftsbund kritisierte die Pläne aus einem anderen Grund. So verwies DGB-Vorstandsmitglied Anja Piel auf den schlechten Vorbildcharakter der Aktienrücklage auf Kreditbasis: „Jedem Privatanleger rät man davon ab, Aktiendepots über Schulden zu finanzieren".

Die Politik sieht zumindest das Problem der Rentenlücke und muss jetzt entschlossen handeln. Dabei ist die Weiterentwicklung der gesetzlichen Rente mit der neu eingeführten Aktienrücklage zumindest ein Anfang. Doch der nächste Schritt sollte sein, den langfristigen Vermögensaufbau für die private Altersvorsorge noch attraktiver zu machen. Auch hierzu will die Bundesregierung mit der „Fokusgruppe zur privaten Altersvorsorge“ beitragen, auf deren Resultate Privatanleger jedoch nicht warten sollten.

Denn eines ist klar: Je länger der Zeithorizont für den persönlichen Vermögensaufbau ist, desto größer ist auch das mögliche Renditepotenzial einer Geldanlage. Zur Schließung der Rentenlücke und einen entsprechend unbesorgten Ruhestand empfiehlt sich im Allgemeinen ein diversifizierter Anlage-Mix bestehend aus Wertpapieren, (tokenisierten) Sachwerten wie Immobilien, Classic Cars oder Kunst sowie Private Equity. Allesamt Anlageformen, die Privatinvestoren zugänglich sind und mit denen Sie schon jetzt individuell und flexibel von attraktiven Renditechancen profitieren können.