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Blockchain

Die sechs wichtigsten Blockchain-Trends in der Finanzbranche

Die Blockchain-Technologie kann einen erheblichen Beitrag dazu leisten die Corona-Krise zu überwinden. Im gegenwärtigen Digitalisierungsschub durch die Pandemie bekommen innovative Finanzinstrumente erhöhte Aufmerksamkeit, die Sicherheit und Kontrolle gewährleisten. Damit Sie wissen, worauf Sie sich einlassen und wie der Hype sich tatsächlich auf die Finanzbranche auswirkt, haben wir im folgenden Artikel die wichtigsten Trends für Sie unter die Lupe genommen.

June 5, 2020
7
min read
FINEXITY
AG
Redaktion

Krypto Token – Anlage, Investment, Tauschwert, Bodyguard und Münze zugleich

Der digitale Wandel schaltet um auf Turbo – und das nicht nur in der Technik! Die gesamte Wirtschaft, das Finanz- und Bankenwesen sowie Investments gehen zügig in Richtung Blockchain. Das wird am Beispiel der Krypto Tokens besonders offensichtlich. Im Gegensatz zu Coins bauen Tokens auf einer bereits vorhandenen Blockchain bzw. einem Protokoll auf. Entsprechend lassen sie sich schneller und einfacher erstellen, was auch rasche Skalierungen erlaubt. 

Im Vergleich zum Coin ist ein Krypto Token eine deutlich vielseitigere digitalisierte Form von Vermögenswerten und kann sowohl zu Sicherheitszwecken (Security Token) als auch als Tauschwert (Utility Token) genutzt werden. 2019 wurde das Security Token von der BaFin für den Wertpapierhandel zugelassen.

 - Utility Token sind quasi digitale Gutscheine, die von einem Start-Up an die Investoren ausgegeben werden und den Geldgebern den Zugriff auf spätere Dienstleistungen und Produkte des Start-Up erlauben. Utility Token sind nicht als Zahlungsmittel gedacht, obwohl Besitzer der Tokens diese natürlich über Blockchain-Transaktionen handeln können. Aus rechtlicher Sicht sind Utility Token keine Vermögensanlagen oder Finanzinstrumente. 

 - Security Token sind direkt an reale Werte gekoppelt. Investiert ein Anleger in ein Immobilienprojekt, erhält er entsprechend der Höhe des Investments eine bestimmte Anzahl Security Token. Damit kann der Investor Anspruch auf Dividendenzahlungen, Mitbestimmung und Verzinsung erheben. Das Security Token erhält seinen Wert durch den zugrundeliegenden Immobilienwert. Sie sind rechtlich einem Wertpapier gleichgestellt und entsprechen auch Finanzinstrumenten.

Während Krypto Coins ihre eigene Blockchain-Plattform nutzen und als digitale Zahlungsmittel hergestellt werden, sind Krypto Token multifunktionale digitale Assets, die in der Regel auf bestehenden Blockchains aufbauen. 

Stable Coins – das Beste aus zwei Welten?

Stable Coins wurden mit dem Ziel konzipiert, so stabil und schwankungsresistent wie möglich zu sein. Dazu werden die Coins mit reellen Gegenwerten verbunden und orientieren sich an realer Geldpolitik und nationalen Währungswerten. Beispiele für Stable Coins sind Tether, der direkt an den US-Dollar gebunden ist, oder Libra aus dem Hause Facebook. Ein Stable Coin kann aber nicht nur direkt an monetäre Werte gekoppelt sein, sondern beispielsweise auch mit direkten Gegenwerten von Rohstoffen wie Gold oder Öl verbunden sein.

So sollen Stable Coins ohne Umwege in reale Fiatwährungen umgewandelt werden. Damit könnten auch weniger Tech-affine Investoren auf den Geschmack kommen, was die Reichweite und somit auch den Wertgewinn schnell in die Höhe schellen lassen könnte. Tatsächlich soll der Tausch durch die stabile Wertabbildung aber prinzipiell obsolet werden, wodurch Stable Coins sich als unumgängliche digitale Währungen etablieren könnten. Zudem wird die traditionell hohe Kursschwankung von Kryptowährungen durch die Koppelung an Realwerte minimiert. 

Tatsächlich wird Mark Zuckerbergs geplanter Stable Coin Libra - geldpolitisch gesteuert von der Libra Association  -  bereits als größter Herausforderer des gehypten Bitcoins gehandelt. Extreme Wertschwankungen sollen verhindert werden, indem Libra an einen Währungskorb gekoppelt ist. Facebook-Nutzer auf der ganzen Welt sollen in der Lage sein, Libra in ihrer Landeswährung zu kaufen. Die eingenommenen Landeswährungen werden dann in besagtem Währungskorb gesammelt und bilden das stabile Realwertgegengewicht zu den veräußerten Libra Coins.

DeFi soll Europas Finanzen zukunftsfähig machen

DeFi steht für „Decentralized Finance“ und stellt eine Art Überbegriff für alle digitalen, kryptographischen Finanzmittel und -technologien dar, die nicht mehr zentral von Notenbanken und Regierungen gesteuert werden. DeFi bezeichnet also nicht eine Kryptowährung oder eine spezielle Blockchain, sondern das digitale, technologische Ökosystem, in dem die Dezentralisierung von Finanzen stattfinden kann. Das DeFi-Ökosystem bietet Innovationstreibern, Start-Ups, Investoren und Anlegern die Spielwiese, auf der neue, dezentrale Finanztechnologien implementiert werden können. Was sich in der DeFi-Welt durchsetzt, revolutioniert quasi durch die Hintertür das alte, analoge Finanzsystem. 

Das DeFin-Ökosystem funktioniert ausschließlich über Kryptowährungen, Token und Smart Contracts. Wer an dieser Welt der dezentralisierten Finanzen teilnehmen will, braucht Wallets, um seine Coins und Tokens zu verwahren und nutzt eigens für DeFin entwickelte Apps, sogenannte DApps. In der DeFin-Welt haben Teilnehmer Zugang zu unzähligen Finanzdienstleistungen, die in der analogen Finanzwelt unvorstellbar wären. Nicht nur sind die Angebote der DeFin-Akteure immer verfügbar, die dezentrale Natur der Finanztransaktionen erlaubt darüber hinaus auch eine einzigartige Transparenz.

Regierungsvertreter und europäische Geldpolitiker haben die Attraktivität von DeFi erkannt und wollen es nutzen, um die analoge Fiatwährung Euro zu digitalisieren. Ein digitaler Euro würde auf einer Blockchain basieren, wäre von der EZB überwacht und könnte als Stable Coin direkt mit dem Eurowert verbunden werden. Bargeld ade: digitale Euros könnten online ausgegeben werden, ohne dass Münzen oder Scheine hergestellt werden müssten. Einfach und entsprechend der Vorgaben der EZB aus der Blockchain hergestellt, könnten digitale Euros beim Online-Banking und für digitale Transaktionen verwendet werden. 

Fiat-Krypto-Börsen und Krypto-Lending im Trend

Kredite sind der Treibstoff wirtschaftlichen Handelns. So wird inzwischen kaum noch ein Immobilieninvestment ohne Anleihen realisiert und sogar kleinere Anschaffungen werden gerne in Raten, mit Zahlungsaufschüben oder als Komplettkredite beglichen. Was im kleinen Möbelhaus möglich ist, geht natürlich auch online – und zwar in ganz anderen Ausmaßen! 

Krypto-Lending liegt nämlich voll im Trend und so akzeptieren verschiedene Börsen inzwischen nicht nur Fiatwährungen, sondern auch die jeweiligen Krypto-Coins bzw. Tokens als Sicherheit. Das Prinzip bleibt dasselbe: Der gewünschte Kredit wird von einem Verleiher bereitgestellt und nach einem verhandelten Zeitraum inklusive Zinsen vom Ausleiher zurückgegeben. So können Sie sich 2 BTC von einem Verleiher als Kredit direkt in Ihr Wallet schicken lassen und zahlen dem Verleiher in einem Jahr 2,05 BTC zurück. Die aktuell bedeutsamste Börse ist das 2017 gegründete Binance. Fiat-Krypto-Börsen hingegen sind ein Hybrid zwischen Blockchain und Realwert. Sicherheiten, Coins, Tokens, Euro und Dollar können hier beliebig verliehen, getauscht und verzinst werden – erlaubt ist, was gefällt.

Krypto-Lending hat den enormen Vorteil, dass es frei zugänglich für jeden ist, der eine Internetverbindung nutzen kann. Die Weltbank nimmt an, dass fast ein Drittel der erwachsenen Weltbevölkerung keinen Zugang zu klassischen Finanzdienstleistungen hat. Die Ärmsten der Armen können weder Bankkonten eröffnen noch Kredite aufnehmen, um ihre Lebenssituationen zu verbessern. Krypto-Lending ermöglicht allen, Kredite in jeder Höhe von Privatpersonen oder digitalen Finanzdienstleistern zu erhalten. 

Digital Asset Custody – was gehört eigentlich wem?

Digital Asset Custody ist der Dauerbrenner bei Diskussionen rund um Sicherheit und Anonymität bei digitalen Vermögenswerten wie Kryptocoins, Tokens oder Smart Contracts. Dabei kann gerade die Natur der Blockchain-Technologie zum Stolperstein für die Verwahrung und die Zugriffsrechte auf digitale Assets werden. Während traditionelle Finanzsysteme mit Banken einen eindeutigen Wächter haben, ist das bei dezentralisierten Börsen und Plattformen nicht mehr der Fall. Sie sind selbst für die Aufbewahrung Ihrer Wertanlagen verantwortlich – was zwar mehr Freiheiten, Transparenz und Entscheidungshoheit mit sich bringt, aber auch Risiken birgt, auf die erst noch Antworten gefunden werden müssen. 

Haben Sie den Zugangsschlüssel zu Ihrem digitalen Coin-Wallet verloren, gibt es keine Möglichkeit nachzuweisen, dass Sie der rechtmäßige Besitzer der digitalen Vermögenswerte in dem verschlossenen Krypto-Safe sind. Service-Anbieter werden neben der technologischen Bereitstellung von digitalen Wallets nicht darum herumkommen, eine persönliche Kundenbetreuung sowie Notfallpläne für verlegte Zugangsdaten anzubieten, wenn sie ihr Versprechen von Sicherheit und Kontrolle vollumfänglich umsetzen wollen. Aktuell ist Custody allerdings nur für all jene zugänglich, die mit hohen Summen investieren. Einsteiger warten noch auf eine Lösung und vertrauen bis dahin auf Keys und Cold Wallets. Die Zukunft der Digital Asset Custody wird auch von großem Interesse für den Handel mit digitalen Coin-basierten Fonds sein. Denn auch der Fondsmanager muss Zugriff auf die digitalen Assets haben, um mit diesen handeln zu können.

Identity Management bringt Investoren einander näher

Dezentralisierung – das Hauptargument von Blockchain-Enthusiasten ist gleichzeitig auch eine Herausforderung. Wer trägt schließlich die Verantwortung, wenn alle gleichberechtigt und dabei auch noch anonym sind? Und wer versichert Investoren und Konsumenten, dass die Systeme nicht von Interessensvereinigungen systematisch gelenkt werden? IAM (Identity Access Management) soll die Lösung bringen. Dabei zählt in erster Linie nicht „wer?“, sondern „mit wem?“. 

Aus dem herkömmlichen Personalausweis soll im DeFin-Ökosystem quasi eine Beziehungskarteikarte werden, mit der zum einen die Anonymität gewahrt und zum anderen mehr Sicherheit für Interaktionen gewährleistet werden soll. Italien ist mit dem verstaatlichten IAM-System „SPID“ der europäische Vorreiter. Datenvermittler übernehmen hier die Identitätskontrolle. Dabei reicht eine Identität für die Nutzung aller möglichen Services. So erhält zwar jeder Nutzer bzw. jede juristische Gruppe nur eine einzige Identität, die Daten müssen aber dennoch nicht zentral gespeichert werden, da jeder Dienst eine eigene Relationship-Analyse fährt. Ein interessanter Ansatz, der in der nahen Zukunft  auch für weitere Staaten ein Vorbild sein könnte.