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“Double Irish with a Dutch Sandwich”: Der Milliarden-Steuertrick

Was nach einem schmackhaften belegten Brötchen klingt, war ein “schmutziger” Steuertrick, den viele internationale Großkonzerne bis 2020 praktiziert haben. Das “Double Irish with a Dutch Sandwich” verhalf Unternehmen dabei, Milliarden einzusparen. Die Praxis war moralisch zwar fragwürdig, juristisch aber legitim. Erfahren Sie, wie der Steuertrick funktionierte und welche Konzerne davon profitiert haben.

January 12, 2024
7
min read
FINEXITY
AG
Redaktion

Wie funktionierte die “Double Irish with a Dutch Sandwich”-Strategie?

“Double Irish with a Duch Sandwich” war ein Modell zur Steuervermeidung multinationaler Konzerne, durch das auf Gewinne kaum oder keine Steuern gezahlt werden musste. Ihren Namen verdankt die Strategie der Tatsache, dass Unternehmensgewinne zunächst über eine irische Gesellschaft, dann über eine niederländische Gesellschaft und schließlich wieder über eine irische Gesellschaft geleitet wurden, bevor sie an die Muttergesellschaft zurückflossen.

Im Detail funktionierte das so: Ein Konzern gründete eine Tochterfirma in Irland, verlegte deren Firmensitz aber in ein Steuerparadies, wie z.B. die Bermudas, Cayman-Islands oder die Seychellen. Hier werden ausländische Konzerne nicht besteuert, da die meist armen Staaten damit Investoren anlocken wollen. Die irische Holdinggesellschaft besaß dann die IP-Rechte für ein Produkt oder eine Dienstleistung.

Eine niederländische Holdinggesellschaft lizenzierte das geistige Eigentum von der irischen Gesellschaft und verkaufte das Produkt oder die Dienstleistung an Kunden in Hochsteuerländern. Die Gewinne aus diesen Verkäufen oder Lizenzgelder flossen dann wiederum an die irische Holdinggesellschaft zurück, die diese an die Briefkastenfirma im Steuerparadies abführte.

Das niederländische Steuerrecht erlaubt die Verlagerung unversteuerter Gewinne in eine Steueroase, ohne dass eine Quellensteuer anfällt, sodass ein in den Niederlanden ansässiges Unternehmen in der Mitte dieses irischen “Sandwichs“ eingesetzt wurde. Der Clou daran: Kapitalgesellschaften wie eben die Briefkastenfirma wurden in Irland nicht besteuert, wenn sie dort nicht ihren Firmensitz hatten.

Deswegen war es wichtig, die Briefkastenfirma zwar ins irische Handelsregister einzutragen, damit die Gewinne aus den Lizenzen rechtlich in Europa blieben, den Steuersitz aber in eine Steueroase zu verlagern. 

Ökonomen nannten das Ergebnis dieses Transaktion-Wirrwarrs "staatenloses Einkommen". Kritiker sahen darin eine Steuer-Trickserei, die moralisch verwerflich war und zulasten der steuerzahlenden Bevölkerung ging.

Welche Konzerne haben davon profitiert?

Der Steuertrick wurde vor allem von Technologieunternehmen angewandt, da diese Firmen große Teile ihrer Gewinne leicht in andere Länder verlagern können, indem sie Rechte an geistigem Eigentum an Tochtergesellschaften im Ausland abtreten. Doch auch andere, international tätige Konzerne griffen zum “Sandwich”. Darunter: Amazon, Apple, Facebook (Meta), Google, IKEA und Starbucks.

Google galt dabei 2009 als einer der “Pioniere” des Steuertricks. Angeblich hat der Konzern allein im Jahr 2017 nur 3,4 Millionen Euro Steuern in den Niederlanden bezahlt, bei ausgewiesenen 13,6 Millionen Euro Gewinn. Gleichzeitig seien laut niederländischer Handelskammer aber 19,9 Milliarden Euro auf die Bermudas überwiesen und dort versteuert worden. Nach Angaben von Reuters zahlte Google dank des Tricks mehr als ein Jahrzehnt lang nur einen einstelligen Prozentsatz an Steuern auf seine außerhalb der USA erzielten Profite.

Apple ist ein weiteres Beispiel für ein Unternehmen, das diese Regelung genutzt hat. Im Jahr 2016 hat der iKonzern schätzungsweise 8,5 Milliarden Dollar an Steuern durch die Anwendung des Double Irish Dutch Sandwich vermieden. Auch Facebook (Meta) hat den Steuertrick genutzt. Im Jahr 2018 soll der Konzern auf diese Weise Steuern in Höhe von 15,8 Milliarden Dollar umgangen haben.

Das “Double Irish with a Dutch Sandwich” ist gegessen

Der Steuertrick war legal. Doch vor allem aufgrund des internationalen Drucks und des öffentlichen Interesses verabschiedete der irische Finanzminister im Haushalt 2015 Maßnahmen zur Schließung der Schlupflöcher. Seit diesem Zeitpunkt können multinationale Unternehmen nicht mehr in Irland registriert sein, ohne dort Steuern zu zahlen. Wer bereits profitierte, bekam allerdings eine Übergangsfrist bis 2020 eingeräumt.

Um vor allem internationalen Großkonzernen in Zukunft Steuertricksereien im Sinne der Steuersolidarität zu erschweren, haben sich die G7- und G20-Staaten 2021 auf eine weltweite Mindeststeuer von 15 Prozent geeinigt. Neben der Mindeststeuer soll auch dafür gesorgt werden, dass Unternehmen mit einer Gewinnmarge von mehr als zehn Prozent künftig dort Steuern zahlen, wo sie ihre Umsätze machen, wie aus einer gemeinsamen Erklärung der G7 hervorgeht. Die über diese Marge hinausgehenden Gewinne sollen zu 20 Prozent in den jeweiligen Ländern versteuert werden.

Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) rechnet allein durch die Mindeststeuer mit 150 Milliarden Dollar Steuer-Mehreinnahmen weltweit. Den sogenannten Marktstaaten könnte die Umverteilung nochmal rund 125 Milliarden Dollar jährlich bringen.

Laut dem Gesetzentwurf, der im November 2023 auch von Deutschland verabschiedet wurde, unterliegen international tätige Unternehmen ab Januar 2024 einer globalen Mindeststeuer von 15 Prozent. Diese zahlen sie auf ihre Gewinne – egal wo auf der Welt sie tätig sind und wo sie diese Gewinne erwirtschaften. Der erste Teil dieser Steuerreform ist Anfang Januar fast unbemerkt in Kraft getreten und soll mehr Steuergerechtigkeit und fairen Wettbewerb bringen, indem Steuervermeidung durch große Konzerne unterbunden und Steueroasen trockengelegt werden.

Dadurch werden ab 2026 hierzulande Steuermehreinnahmen des Staates von 950 Millionen Euro erwartet, 2027 und 2028 sollen es 650 Millionen und 420 Millionen Euro sein. Zusätzliche Steuereinnahmen von den großen Digitalkonzernen erhält Deutschland aber wohl erst mit dem zweiten Teil der Reform. Ob der umgesetzt wird, steht aktuell aber noch in den Sternen.