Earth Overshoot Day: Der Tag, ab dem unsere Erde überlastet ist
Der Planet Erde kann jedes Jahr nur eine begrenzte Menge an Ressourcen reproduzieren. Doch der Ökologische Fußabdruck der Menschheit wird von Jahr zu Jahr größer. Deshalb wurde der Earth Overshoot Day ins Leben gerufen - ein jährlicher Aktionstag, welcher das Datum markiert, an dem die Nachfrage der Menschheit nach ökologischen Ressourcen und Dienstleistungen das übersteigt, was die Erde in diesem Jahr regenerieren kann. Doch wie wird der Earth Overshoot Day eigentlich ermittelt und was können wir tun, damit dieser Tag nicht immer früher eintritt?
Was ist der Earth Overshoot Day?
Der Earth Overshoot Day wird berechnet, indem die Biokapazität des Planeten (die Menge an ökologischen Ressourcen, die die Erde in diesem Jahr erzeugen kann) durch den Ökologischen Fußabdruck der Menschheit (den Bedarf der Menschheit in diesem Jahr) geteilt und mit 365, der Anzahl der Tage im Jahr, multipliziert wird. Der Ökologische Fußabdruck misst dabei die Menge an Land und Ressourcen, die zur Aufrechterhaltung menschlicher Aktivitäten benötigt wird. Dazu gehören Faktoren wie Kohlenstoffemissionen, Nahrungsmittelproduktion, Energieverbrauch und die Gewinnung natürlicher Ressourcen. Durch den Vergleich dieses Fußabdrucks mit der Biokapazität der Erde, d. h. der Fähigkeit des Planeten, Ressourcen zu regenerieren und Abfälle zu absorbieren, lässt sich feststellen, wann die Menschheit ihre ökologischen Grenzen überschreitet. Mit anderen Worten: Er stellt das Datum dar, an dem die Menschheit den Wert der ökologischen Ressourcen und Dienstleistungen eines Jahres aufgebraucht hat.
Es handelt sich dabei um eine Schätzung, die vom Global Footprint Network, einer internationalen Forschungsorganisation, berechnet wird. Unterschieden wird dabei zwischen dem globalen und den nationalen „Budgets“.
Der diesjährige, weltweite Erdüberlastungstag wird auf den 27. Juli fallen, kalkulierte das Global Footprint Network. Neben dem internationalen Stichtag gibt es für viele Länder nationale Overshoot Days. Deutschland liegt meist einige Wochen vor dem globalen Datum, da hier besonders viele Ressourcen verbraucht werden. In diesem Jahr rutschte Deutschland auf seinem imaginären Umweltkonto bereits am 4. Mai 2023 in die roten Zahlen.
Ein Aktionstag mit Geschichte
Das Ziel des Aktionstags, der erstmalig am 15. Mai 1961 begangen wurde, ist es, die Begrenztheit und Endlichkeit der natürlichen Ressourcen und der Erde ins Bewusstsein der Menschen zu rücken und aufzuzeigen, wie das Datum in die Zukunft geschoben werden kann. Denn seit 1961 ist der Earth Overshoot Day immer früher im Jahr eingetreten. War er 1970 noch im Dezember, liegt er schon seit 2018 im Juli. Unser Planet ist also bereits nach sieben Monaten „erschöpft“ - so früh wie noch nie. Auch 2023 ist der Earth Overshoot Day wieder um einen Tag nach vorne gerückt.
Das ist bedenklich. Denn je früher der Tag erreicht ist, an dem die Erde von uns erschöpft ist, umso größer ist natürlich die Schuldenlast, die wir anhäufen: Seit 1970 ist unser jährlicher Verbrauch an natürlichen Ressourcen größer, als die Regenerationsfähigkeit der Natur. Unsere heutige Bilanz bräuchte sogar 1,75 Erden, um ausgeglichen zu bleiben.
Ideen, um die Erde zu entlasten
Der Earth Overshoot Day zeigt, dass wir schlecht auf die vorhersehbare Zukunft des Klimawandels und der Ressourcenknappheit vorbereitet sind, obwohl es viele Verbesserungsmöglichkeiten gäbe.
Dies hat zum Beispiel das Pandemie-Jahr 2020 gezeigt, in dem der Erdüberlastungstag erst auf den 22. August fiel. Dies war laut Global Footprint Network eine direkte Folge der weltweiten Corona-Pandemie, da aufgrund der weltweiten Lockdowns der Flug-, Pkw- und Lkw-Verkehr deutlich eingeschränkt war. Auch wurde weniger Holz verbraucht und es wurden weniger CO₂-Emissionen aus fossilen Brennstoffen produziert.
Der Effekt war allerdings nur kurzfristig - schon im Jahr 2021 hatte der Earth Overshoot Day wieder das Niveau von 2019 erreicht. Die temporäre Verringerung des ökologischen Fußabdrucks durch die Corona-Krise war außerdem weit von den Veränderungen entfernt, die erforderlich wären, um ein ökologisches Gleichgewicht wieder herzustellen.
Deshalb müssen zentrale Nachhaltigkeitsziele konsequent umgesetzt werden, die Bereiche wie die Ernährung, Energiewirtschaft, Produktion, Infrastruktur und Immobilien betreffen. Ein zukunftsweisendes Projekt im Bereich Ernährung ist beispielsweise Food4Future, das vom Global Footprint Network, der Gruppe Farming Systems Ecology der Wageningen University & Research und dem Forschungsinstitut für biologischen Landbau (FiBL) entwickelt wird. Food4Future zielt darauf ab, neue Wege zur Ernährung der Weltbevölkerung zu erforschen, die gleichzeitig auch den Planeten schützen.
Doch jeder Einzelne kann schon jetzt im Bereich Ernährung für mehr Nachhaltigkeit sorgen: Wenn wir die weltweit anfallenden Lebensmittelabfälle um die Hälfte reduzieren würden, könnten wir den Earth Overshoot Day um elf Tage nach hinten verschieben.
Ähnliches gilt für Verkehrsmittel: Wenn wir unseren Fußabdruck durch Autofahren weltweit um 50 Prozent reduzieren würden und davon ausgehen, dass ein Drittel der Autokilometer durch öffentliche Verkehrsmittel und der Rest durch Radfahren und Zufußgehen ersetzt wird, würde sich der Earth Overshoot Day um 13 Tage nach hinten verschieben.
Vor allem die Industrie und der Immobiliensektor haben ein besonders hohes Verbesserungspotenzial: Bestehende, handelsübliche Energieeffizienztechnologien für Gebäude, Industrieprozesse und die Stromerzeugung könnten den Overshoot Day um mindestens 21 Tage verschieben, ohne dass es zu Produktivitäts- oder Komfortverlusten kommt.