eWpG: Was das Gesetz für elektronische Wertpapiere für Finanzmarktteilnehmer bedeutet
Am 10. Juni 2021 ist ein Gesetz in Kraft getreten, mit dem die Digitalisierung des deutschen Finanzmarkts Fahrt aufnahm: das Gesetz zur Einführung elektronischer Wertpapiere, kurz: eWpG. Es dient der Modernisierung des deutschen Wertpapierrechts und des dazugehörigen Aufsichtsrechts. Außerdem ist das eWpG einer der zentralen Bausteine der Blockchainstrategie der Bundesregierung sowie des gemeinsamen Eckpunktepapiers des Bundesfinanzministeriums und des Bundesjustizministeriums zu elektronischen Wertpapieren. Doch welches Potenzial hat das eWpG tatsächlich?
Quelle: zur Blockchainstrategie der Bundesregierung
Warum braucht Deutschland ein eWpG?
Zunächst einmal schafft das eWpG rechtliche Rahmenbedingungen, um den deutschen Kapitalmarkt zu modernisieren, sodass dieser im internationalen Vergleich wettbewerbsfähig bleibt. Denn in anderen Ländern, wie z.B. Frankreich oder Luxemburg gehört die Ausgabe von Wertpapieren als physische Urkunde schon länger der Vergangenheit an – dank der Eintragungsmöglichkeit in ein Wertpapierregister.
Zudem soll das eWpG Prozesse erleichtern und beschleunigen. Denn nach deutschem Recht war eine Urkunde bis 2021 für alle Arten von Wertpapieren zwingend erforderlich. Deren Existenz ermöglicht eine Übertragung der Wertpapiere nach sachenrechtlichen Grundsätzen und eine Abbildung zivilrechtlicher Gutglaubensschutzregelungen. Da ein Handel von verbrieften Wertpapieren durch den grundsätzlich erforderlichen, tatsächlichen Besitzerwechsel der Wertpapierurkunde jedoch erschwert ist, behilft man sich in Deutschland bislang mit der Verwendung von Globalurkunden bei der Clearstream Banking AG. Der Wertpapierhandel kann so zum größten Teil über Buchungen zwischen verschiedenen Wertpapierdepots vollzogen werden, ohne dass es eines tatsächlichen Besitzerwechsels bedarf. Diese Konstruktion ist allerdings mit Zeitaufwand und Kosten verbunden.
Doch auch bei elektronischen Wertpapieren müssen Verkehrsschutz und rechtssicherer Erwerb gewährleistet sein. Deshalb ist es erforderlich, die Papierurkunde adäquat zu ersetzen – durch einen Eintrag in ein elektronisches Register.
Was beinhaltet das eWpG?
Das eWpG stammt aus der von der Bundesregierung im Jahr 2019 veröffentlichten Blockchain-Strategie, in der der Gesetzgeber die Öffnung des deutschen Rechts für elektronische Wertpapiere vorsah. Mit dem eWpG sollen bei gleichzeitiger Gewährleistung des Anlegerschutzes die Voraussetzungen für finanztechnologische Innovationen verbessert werden. Das eWpG legte in Deutschland also den Grundstein für die digitale Ausgabe von Wertpapieren und damit für einen Handel ohne physische Urkunden.
Das eWpG sieht momentan zwei Arten von elektronischen Wertpapierregistern vor: zentrale Wertpapierregister und dezentrale Kryptowertpapierregister. Die beiden Wertpapierformen unterscheiden sich lediglich in der Art des verwendeten, elektronischen Wertpapierregisters. Während Zentralregisterwertpapiere in ein zentrales Register (§ 12 eWpG) eingetragen werden, erfolgt die Eintragung von Kryptowertpapieren in ein sogenanntes Kryptowertpapierregister (§ 16 eWpG) auf Basis einer Distributed-Ledger-Technologie (DLT). Die Führung eines solchen Registers ist eine neue, erlaubnispflichtige Finanzdienstleistung, die der Aufsicht der Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) unterliegt.
Die erste Weiterentwicklung des eWpG trat im Juni 2022 in Form der Verordnung über Kryptofondsanteile (KryptoFAV) in Kraft. Diese neue Regelung hat den Anwendungsbereich des eWpG ausgeweitet und ermöglicht es seither auch den Anbietern von Investmentfonds, elektronische Anteilscheine durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister als sogenannte Kryptofondsanteile zu begeben.
Finanzmarktakteure, Unternehmen und Anleger profitieren
Die Einführung digitaler Wertpapiere, des eWpG und seine Begleitverordnungen haben zu erheblichen Veränderungen entlang der Wertpapierwertschöpfungskette geführt. Denn in einem dezentralisierten und pseudonymen Online-Ökosystem könnten Kapitalmarktgeschäfte auf Peer-to-Peer Basis und unter Nutzung der Distributed Ledger Technology stattfinden. Davon können Finanzdienstleister, Unternehmen und Anleger gleichermaßen profitieren.
So hat beispielsweise der Industriekonzern Siemens im Februar 2023 eine Blockchain-basierte Anleihe platziert. Sie umfasst ein Volumen von 60 Millionen Euro und hat eine Laufzeit von einem Jahr. Bei der Transaktion fungierte Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank AG als Registerführer. DekaBank, DZ Bank und Union Investment investierten in das Wertpapier. Siemens verwies in diesem Zusammenhang auf die Vorteile des digitalen Wertpapiers. Demnach kann auf eine papierhafte Globalurkunde und ein zentrales Clearing verzichtet werden, auch die Rolle des Market-Maker entfällt, da ein direkter Verkauf an Investoren ohne Zwischenverkauf an Banken möglich ist. Auch strategische Gründe spielten eine Rolle. Nicht nur die Kunden würden bei der digitalen Transformation unterstützt. Auch in der eigenen Finanzabteilung gehe man diesen Weg, um die neuesten digitalen Lösungen zu testen und zu nutzen.
Für Privatanleger entstehen dank des eWpG neue und vereinfachte Anlageformen. Sie können beispielsweise über Online-Investmentplattform einen vollständig regulierten, digitalen Zugang zu institutionellen Investmentstrategien erhalten. Somit stellen elektronische Wertpapiere eine Alternative für die bereits seit Jahren existierenden Security Token dar, die jedoch eine rechtliche Option für die Emittenten digitalisierter Vermögenswerte bleiben.