Finanzplätze der Zukunft: Shanghai, Sydney oder Dubai?
Im 13. Jahrhundert galt Florenz noch als das tonangebende Finanzzentrum der Welt. Später kamen noch Genua und Venedig dazu, ehe Amsterdam im 17. Jahrhundert zum Dreh- und Angelpunkt des Handels wurde. In der heutigen schnelllebigen, globalisierten Welt gibt es mehrere, bedeutende Finanzplätze - und aufstrebenden Metropolen. Doch welche werden sich zu den globalen Finanzzentren der Zukunft entwickeln und die aktuellen Spitzenreiter New York, London und Singapur herausfordern?
Was zeichnet einen Finanzmarktplatz aus?
Ein Finanzplatz ist eine Stadt oder ein Land mit einer hohen Konzentration an Banken und Börsen, wo eine Vielzahl von Finanztransaktionen mit hohen Volumen abgewickelt wird. Finanzplätze spielen somit eine entscheidende Rolle bei der Kapitalallokation, der wirtschaftlichen Entwicklung und der Unterstützung von Unternehmen und Privatpersonen bei der Verwaltung ihres Vermögens. Zudem sind Finanzzentren für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Anziehung internationaler Investitionen von Bedeutung. Prinzipiell lassen sich Finanzplätze in vier Kategorien einteilen:
- Nationale Finanzplätze:
Richten sich nach den Bedürfnissen der inländischen Marktteilnehmer.
- Regionale Finanzzentren:
Sind zuständig für eine Wirtschaftsregion.
- Offshore-Finanzplätze:
Weisen eine geringe Steuerquote, niedrige Arbeitskosten oder geringe Marktregulierungen auf.
- Globale Finanzplätze:
Richten sich nach dem Bedarf einer weltweiten Kundschaft.
Die Wettbewerbsfähigkeit der Finanzzentren vergleicht der Global Financial Centres Index. Dabei werden über 100 Finanzplätze weltweit basierend auf den Meinungen von mehr als 9000 internationalen Experten bewertet. Der Index wird jedes halbe Jahr von der City of London Corporation veröffentlicht. Doch welche Faktoren spielen bei der Definition bzw. Bewertung eines Finanzplatzes eine Rolle?
Zum Beispiel das Geschäftsumfeld. Dies beinhaltet die lokale Regulierung, die Steuersätze, das Ausmaß der Korruption, die wirtschaftliche Freiheit und die Möglichkeiten, Transaktionen abzuwickeln. Auch Humankapitalfaktoren spiele eine wichtige Rolle. Sie fassen die Verfügbarkeit von qualifizierten Arbeitskräften, die Flexibilität des Arbeitsmarktes, die Qualität der kaufmännischen Ausbildung sowie die Lebensqualität zusammen. Infrastrukturfaktoren berücksichtigen den Preis und die Verfügbarkeit von Büroflächen am Standort sowie den öffentlichen Nahverkehr. Die Entwicklung des Finanzsektors bewertet wiederum das Volumen und den Wert des Handels auf den Kapitalmärkten und anderen Finanzmärkten, den Clustereffekt der Anzahl verschiedener Finanzdienstleistungsunternehmen am Standort sowie Indikatoren für Beschäftigung und Wirtschaftsleistung. Reputation und Allgemeines berücksichtigt eher subjektive Aspekte wie Innovation, Markenattraktivität, kulturelle Vielfalt und die Wettbewerbsposition.
Das sind die wichtigsten Global Financial Centres 2023
Laut Daten des aktuellen The Global Financial Centres Index 34 liegen New York, London und Singapur unverändert auf den ersten drei Plätzen.
- New York ist für seine legendäre Wall Street im Financial District von Manhattan bekannt. Hier findet man unter anderem die New York Stock Exchange (NYSE) und die vollelektronische Tech-Börse NASDAQ. New York hat als Finanzstandort auch auf unser hiesiges Kursgeschehen einen großen Einfluss. Nicht umsonst sagt ein Börsensprichwort: „Wenn die Wall Street hustet, bekommen die europäischen Börsen eine Lungenentzündung.“
- London hat im September 2018 - zwei Jahre nach dem Brexit - seinen Platz an der Spitze der Tabelle verloren, aber den zweiten Rang seither gehalten. Bereits seit dem Mittelalter spielt der Finanzsektor der britischen Hauptstadt weltweit eine wichtige Rolle. Neben der Londoner Börse (London Stock Exchange) ist auch der London Bullion Market - der weltweit größte Umschlagplatz für Gold - von großer Bedeutung. Zudem ist London Sitz vieler “Big-Banks”, wie z.B. der Bank of England, Barclays und der eigentlich aus Hongkong stammenden HSBC.
- Singapur hat einen fulminanten Aufstieg zu einem der wichtigsten globalen Finanzplätze erlebt. Wesentlich dazu beigetragen hat die Regierung des Stadtstaates, die günstige Bedingungen für den Finanzsektor geschaffen hat. Darunter eine gut entwickelte Infrastruktur, rechtliche Rahmenbedingungen, die den Finanzdienstleistungssektor unterstützen und Steuervorteile. Deshalb wird Singapur auch schon als “die neue Schweiz“ betitelt. Zudem gilt die Metropole als bedeutendste Drehscheibe für ostasiatische Banken und Finanzkonzerne und spielt somit eine Schlüsselrolle bei der Unterstützung der wirtschaftlichen Entwicklung in der Region Asien-Pazifik.
Welche Finanzplätze in Zukunft an Bedeutung gewinnen könnten
Doch die aktuelle Rangliste ist nicht in Stein gemeißelt. Denn neben möglichen, geografischen Vorteilen dürften bei der Bewertung von Finanzplätzen in Zukunft Faktoren wie die Digitalisierung, der demografische Wandel, innovative Infrastrukturlösungen, attraktive, regulatorische Rahmenbedingungen sowie wirtschaftspolitische Einflüsse eine Rolle spielen. Die World Alliance of International Financial Centers (WAIFC) hat deshalb in Zusammenarbeit mit dem Dubai International Financial Centre (DIFC) und der Z/Yen Group ein White Paper veröffentlicht, das sich mit der Frage befasst, wie Finanzzentren auf der ganzen Welt auf die heutigen Herausforderungen reagieren, eine gemeinsame Vision entwickeln, und welche Metropolen an Bedeutung gewinnen könnten. Ganz vorne mit dabei sind:
Shanghai:
Erst seit 2009 ist die chinesische Metropole Shanghai in den Fokus der Finanzwelt gerückt, denn die chinesische Regierung erklärte damals, die Stadt zum internationalen Finanzzentrum ausbauen zu wollen. Heute ist Shanghai tatsächlich ein Standort für international bedeutsame Kreditinstitute und Investmentbanken und auch die dortige Börse findet immer mehr Beachtung. Darüber hinaus arbeitet die chinesische Regierung an der Liberalisierung des Finanzsektors und erleichtert damit ausländischen Unternehmen den Zugang zum Devisenhandelsmarkt des Landes.
Sydney:
Der Finanzplatz Sydney profitiert von der Nähe zu Südostasien und der Vergangenheit als britische Kolonie. Da Australien zudem ein wichtiger Rohstofflieferant ist, hat Sydney Zugang zu einem riesigen und bedeutenden Markt. Darüber hinaus verfügt die Stadt über eine gut entwickelte Infrastruktur und hoch qualifizierte Arbeitskräfte, was dazu beiträgt, dass die Stadt für Unternehmen als Standort attraktiv ist. Deshalb eröffnen immer mehr Finanzunternehmen Büros in Sydney, und tragen somit zum Wachstum der Stadt als wichtiges Finanzzentrum im asiatisch-pazifischen Raum bei.
Dubai:
Die Emirate und Dubai locken reiche Investoren mit niedrigen Steuern und einem modernen Gesundheitssystem. Als möglicher Finanzplatz der Zukunft wartet Dubai aber noch mit anderen Pluspunkten auf. Die Metropole der Superlative hat in den vergangenen Jahrzehnten durch den raschen Ausbau seines Finanzsektors enorme Fortschritte auf dem Weg zu einem globalen Finanzzentrum gemacht. Die Stadtregierung hat umfangreiche Investitionen in die Infrastruktur der Stadt getätigt und ein günstigeres regulatorisches Umfeld geschaffen, das es den Unternehmen erleichtert, in Dubai tätig zu werden. Auch hochmodernen Annehmlichkeiten, ein pulsierendes Lebensumfeld und das Engagement für Nachhaltigkeit machen Dubai zu einem attraktiven Standort für Talente, Investoren, Unternehmer und Unternehmen, die im Nahen Osten und darüber hinaus expandieren wollen. Das Herzstück dieses florierenden Stadt- und Geschäftsökosystems ist das Dubai International Financial Centre (DIFC) - eines der modernsten Finanzzentren der Welt und die führende Finanzdrehscheibe für den Nahen Osten, Afrika und Südasien (MEASA).