Home
 / 
Blog
 / 
Grundwissen Geldanlage
 / 
Von kaum spürbar bis extrem hoch: Die Inflation im weltweiten Vergleich

Von kaum spürbar bis extrem hoch: Die Inflation im weltweiten Vergleich

FINEXITY
4 Minuten 
Lesezeit
February 11, 2023

Die “gute” Nachricht vorweg: Mit einer Inflationsrate von 7,9 Prozent auf Jahresbasis* (Stand: Dezember 2022) liegt Deutschland im Mittelfeld des weltweiten Inflations-Vergleichs. Tatsächlich ist die Teuerungsrate rund um den Globus nämlich sehr unterschiedlich stark ausgeprägt. So liegen beispielsweise zwischen China und der Türkei buchstäblich “Welten”: Im Land des Lächelns beträgt die Inflationsrate auf Jahresbasis 1,77 Prozent, in der Türkei dagegen über 64 Prozent. Doch warum gibt es diese signifikanten Unterschiede und welche Länder kommen besonders gut bzw. schlecht durch die Inflations-Krise?

*Die Inflationsbasis im vergangenen Jahr beläuft sich auf 7,9 % im Jahresdurchschnitt 2022 gegenüber 2021 in der in der der Bundesrepublik Deutschland.

Was ist Inflation?

Die am häufigsten verwendete Definition von Inflation ist die Wertverminderung von Geld (Geldentwertung). Wenn sich das Preisniveau von Gütern und Dienstleistungen stetig erhöht, Löhne und Gehälter aber nur langsam ansteigen, so nimmt die Kaufkraft ab. Bei einer hohen Teuerungsrate erhalten Verbraucher und Unternehmen also für denselben Geldwert weniger als zuvor.

Es gibt verschiedene Ursachen für die Inflation. Eine Angebotsinflation zeichnet sich beispielsweise dadurch aus, dass Preise von Produktionsfaktoren wie Rohstoffen oder Lohn- und Lohnnebenkosten steigen. Eine importierte Inflation kann durch den Preisanstieg bei Rohstoffen bedingt sein - wie z.B. während der Ölkrise 1973. Bei einer Nachfrageinflation entsteht eine Preissteigerung, weil Konsumenten häufiger nach bestimmten Gütern oder Dienstleistungen verlangen. Dies geschieht vor allem in Hochkonjunkturphasen.

Für das Entstehen einer Inflation spielt zudem die Geldmenge in einer Volkswirtschaft eine große Rolle. Steht der gesamtwirtschaftlichen Gütermenge eine zu große Geldmenge gegenüber (z.B. bedingt durch die Nullzins-Politik der EZB), ist eine Bedingung für die Inflation gegeben. Da je nach Land bzw. Wirtschaftsraum weltweit unterschiedliche Bedingungen herrschen, ist auch die Inflation nicht überall gleichstark ausgeprägt.

Warum ist die Inflation unterschiedlich stark ausgeprägt?

Die Inflation wird meist anhand von Verbraucherpreisindizes ermittelt. Dabei wird ein landestypischer Warenkorb mit Produkten des täglichen Bedarfs gefüllt und deren Preise über eine Zeitspanne von vielen Jahren beobachten. Üblicherweise liegen in einem solchen Warenkorb mehrere hundert Güterarten, die je nach technischem Fortschritt oder wechselndem Lebensstandard gelegentlich ausgetauscht und gewichtet werden. Um die Preisänderungen im Warenkorb international vergleichbar zu machen, verwendet Eurostat nicht den nationalen Verbraucherpreisindex (VPI), der die tatsächlichen Lebenshaltungskosten widerspiegelt, sondern den Harmonisierten Verbraucherpreisindex (HVPI).

Die aktuelle Rekord-Inflation ist mit dem Ukrainekrieg in Verbindung zu bringen. Die Preise für Rohstoffe, Düngemittel, Landwirtschaftsprodukte und Nahrungsmittel stiegen nach der Invasion in vielen Ländern stark an. Zudem wurden Energie (Öl, Erdgas, Flüssiggas) nach dem Kriegsausbruch deutlich teurer.

Schon allein in Europa zeigt sich jedoch, dass die Inflation nicht alle Staaten gleichermaßen im Griff hat. Während Luxemburg (5,3 Prozent), Spanien (5,4 Prozent) und Frankreich (5,8 Prozent) relativ glimpflich durch die Inflation kommen, ist die Teuerungsrate in den baltischen Staaten enorm hoch. An der Spitze steht Estland mit einer jährlichen Inflationsrate von 17,6 Prozent. Experten verweisen bei der generell hohen Inflation im Baltikum vor allem auf eine andere Struktur bei den privaten Haushaltsausgaben. So machen beispielsweise Nahrungsmittel, die stark im Preis gestiegen sind, dort Schätzungen zufolge teilweise fast ein Viertel des verfügbaren Gehalts aus. Zudem sind Estland, Lettland und Litauen stark von landwirtschaftlichen Importen und Düngemitteln aus Russland abhängig, die sie nun durch teurere Produkte aus dem Ausland ersetzen müssen.

Auch im Vergleich zwischen den USA und dem Euroraum zeigen sich einige Unterschiede. So ist der Anteil an der Inflation, der von den Energiepreisen herrührt, im Euroraum deutlich höher als in den USA. Dagegen ist der Beitrag der Preise von Waren und Dienstleistungen zur Gesamtinflation in den USA relativ groß.

Welche Länder sind kaum betroffen?

Mit 1,2 Prozent bzw. 1,4 Prozent Inflation herrschen auf den Malediven und in Bolivien noch entspannte Bedingungen. Überwiegend, weil die dort ansässige Wirtschaft relativ unabhängig von anderen Ländern ist. Unter den großen Industriestaaten haben China (2,1 Prozent), Japan (2,5 Prozent), Saudi-Arabien (2,2 Prozent), die Schweiz (2,9 Prozent) und die Vereinigten Arabischen Emirate (2,5 Prozent) die niedrigsten Raten.

Die Gründe hierfür sind unterschiedlich. Saudi-Arabien und die benachbarten Emirate profitieren von den stark gestiegenen Öl- und Gaspreisen. China und Japan wiederum subventionieren ihre Wirtschaft und Bürger enorm und fördern viele Rohstoffe selbst, sodass hier steigende Weltmarktpreise keinen großen Effekt haben. Die Schweiz profitiert von ihrer starken Währung, die Importe günstiger macht als anderswo. Außerdem ist unser Nachbarland nicht so abhängig von Öl und Gas, da sich die Schweiz mit Wasserkraft- und Atomkraftwerken weitgehend selbst mit Energie versorgen kann.

Welche Länder sind stark betroffen?

Von solch niedrigen Teuerungsraten können leider ausgerechnet die Länder mit einer armen Bevölkerung nur träumen. So liegt die Inflationsrate in Venezuela bei 255 Prozent, im Sudan sogar bei 382 Prozent. Die hohe Teuerung in diesen Ländern ist jedoch nur teilweise auf den Krieg in der Ukraine zurückzuführen.

So litt beispielsweise der Sudan 2022 unter einer monatelangen Dürreperiode. Deshalb war die Ernte knapp und auch die sonst üblichen Getreidelieferungen aus Russland und der Ukraine blieben aus. Besonders Lebensmittel haben deswegen astronomische Preise erreicht.

Venezuela wiederum hält eine Wirtschaftskrise, geprägt von Korruption und Hyperinflation, seit Langem im Würgegriff. Jahr für Jahr werden schwindelerregende Teuerungsraten verzeichnet. 2020 betrug die Inflationsrate nach Angaben der Zentralbank BCV sogar unglaubliche 2959 Prozent. 

In Europa hat die Türkei die mit Abstand höchste Inflationsrate. Dort rauschten die (offiziellen) Verbraucherpreise im September 2022 um mehr als 80 Prozent in die Höhe, aktuell liegt die Inflation auf Jahresbasis bei etwa 64 Prozent.

Die Preise in der Türkei stiegen besonders stark, da das rohstoffarme Land auf Importe angewiesen ist. Durch den Krieg in der Ukraine sind Rohstoffe aber sehr teuer geworden und müssen an den Weltmärkten in Dollar bezahlt werden, was die Lage weiter verschärft. Denn 2021 hat die türkische Währung 44 Prozent an Wert verloren, 2022 weitere 27 Prozent.

Nach einer Umfrage des Ifo-Instituts und des Instituts für Schweizer Wirtschaftspolitik unter 1537 Experten aus 133 Ländern dürfte die Inflationsrate dieses Jahr 7,1 Prozent erreichen, nächstes Jahr auf 5,8 Prozent zurückgehen und 2026 bei 4,5 Prozent liegen.

Besonders hoch sind die Inflationserwartungen für dieses Jahr in Südasien (23 Prozent), Südamerika (25 Prozent), Nordafrika (32 Prozent) und Ostafrika (35 Prozent). In Westeuropa (5,4 Prozent), Nordamerika (5,2 Prozent) und Südostasien (5,3 Prozent) liegen sie deutlich unter dem globalen Durchschnitt.

Fanden Sie den Artikel hilfreich? Jetzt teilen auf

Mit dem Betätigen des Teilen-Buttons erteilen Sie freiwillig Ihre Einwilligung in die Weiterleitung auf die Webseite des Drittanbieters und die Verarbeitung Ihrer personenbezogenen Daten zu Zwecken des Teilens. Sie können diese Einwilligung jederzeit mit Wirkung für die Zukunft widerrufen. Durch den Widerruf der Einwilligung wird die Rechtmäßigkeit der aufgrund der Einwilligung bis zum Widerruf erfolgten Verarbeitung nicht berührt. Sie bestätigen die Datenschutzerklärung und das Transparenzdokument gelesen zu haben.