Erbschaftssteuer: Für Immobilienerben kann es 2023 teuer werden!
Jährlich werden in Deutschland etwa 400 Milliarden Euro vererbt, fast die Hälfte davon in Form von Immobilien. Ab 2023 kann Erben und Schenken für die Nachkommen, Partner oder Schenkenden je nach persönlicher Situation jedoch deutlich teurer werden. Erfahren Sie mehr über die Hintergründe des neuen Jahressteuergesetzes, wer besonders davon betroffen ist und wie Immobilienbesitzer vorausschauend planen können.
Warum wird es für Immobilienerben jetzt teurer?
Durch die starken Preissteigerungen auf dem Immobilienmarkt und einer neuen Erbengeneration ist in den kommenden Jahren eine hohe Steuersumme zu erwarten. Die Nachkriegsgenerationen konnten in Deutschland über Jahrzehnte hinweg große Vermögen aufbauen, die sie in den nächsten Jahren an die Nachkommen vererben werden. In den vergangenen 20 Jahren hat sich das Nettovermögen der privaten Haushalte in Deutschland auf 13,8 Billionen Euro mehr als verdoppelt. Die Summen der künftigen Erbschaften und Schenkungen dürfte deshalb deutlich höher sein als bislang angenommen.
Im Zeitraum bis 2027 wird das jährliche Erbvolumen in Deutschland laut einer DIW-Studie inklusive Schenkungen bis zu 400 Milliarden Euro betragen und fällt damit etwa 28 Prozent größer aus, als in früheren Analysen geschätzt. Der Staat nimmt dabei etwas mehr als zehn Milliarden Euro pro Jahr an Erbschaftsteuer ein.
Besonders stark gestiegen ist der Wert der steuerrelevant vererbten Grundstücke und Immobilien. 2010 wurden Häuser oder Grundstücke mit einem Gesamtwert von 7,4 Milliarden Euro vererbt. 2021 hat sich die Summe fast verdreifacht - auf 21,4 Milliarden Euro. Die Zahlen für das Grundvermögen sind Bruttosummen, die Nachlassverbindlichkeiten werden davon noch abgezogen. Auch sind Schenkungen oder Erbschaften, die unter den steuerlichen Freibetrag fallen, nicht eingeschlossen.
Nach langen Debatten hat die Bundesregierung nun zum 1. Januar 2023 ein novelliertes Jahressteuergesetz verabschiedet. Dessen Ziel ist zum einen eine Anpassung an das tatsächliche Preisniveau auf dem Immobilienmarkt: Bei der Erbschaftssteuer soll der reale Verkehrswert besser berücksichtigt werden. Zum anderen strebt die Regierung nach mehr sozialer Gerechtigkeit. Denn wer bereits über ein großes Vermögen verfügt, kann mit größeren Zuwächsen rechnen und entsprechend mehr an seine Nachkommen vererben. Die im Einzelnen zu erwartenden Erbschaften betragen laut DIW-Studie im Mittel rund 79.500 Euro - im obersten Fünftel der Verteilung gut 248.000 Euro, im untersten Fünftel 12.000 Euro.
Was ändert sich beim Erben 2023?
Bei der Berechnung der Erbschaftssteuer ergaben sich bisher oft Werte, die unter dem aktuellen Verkehrswert lagen. Mit dem neuen Jahressteuergesetz wird deshalb der sogenannte Sachwertfaktor angehoben, mit dem man den Wert der Immobilie multipliziert. Dieser Faktor ist vom aktuellen Immobilienmarkt abhängig.
Bisher lag der Faktor für Ein- und Zweifamilienhäuser sowie Eigentumswohnungen zwischen 0,5 bis 1,5 (Anlage 25 des Bewertungsgesetzes – BewG). Nach der Gesetzesänderung liegt er ab diesem Jahr zwischen 0,8 und 1,8, was eine Anpassung an das aktuelle Marktniveau bedeuten soll. Alternativ kann ein Gutachterausschuss den Faktor für die jeweilige Region festlegen.
Neben diesen Verfahren zur Wertermittlung bei Immobilien gibt es aber auch noch das Vergleichswertverfahren. Das Vergleichswertverfahren ist gegenüber dem Sachwertverfahren und dem Ertragswertverfahren vorrangig.
Die aus der neuen Wertermittlung deutlich höhere Belastung bringt viele Erben in Bedrängnis. Vielerorts ist bereits von Notverkäufen die Rede, wenn Erben die Steuer nicht mehr stemmen können. Der Bund der Steuerzahler sieht negative Folgen vor allem für diejenigen, deren Immobilienwerte bislang knapp unter dem steuerlichen Freibetrag liegen, künftig diesen aber in Folge der höheren Bewertung überschreiten. Außerdem für alle, die bereits vor den Änderungen über dem Freibetrag lagen und für Erben großer Gewerbe- oder Wohnimmobilien.
Welche Möglichkeiten gibt es zur Steuersenkung?
Doch auch wer vor Eintreten der neuen Regelung keine Schenkung vornehmen konnte oder wollte, kann in Zukunft einige Maßnahmen treffen, um die Steuerlast für seine Nachkommen zu mindern:
- Freibeträge nutzen
Der steuerliche Freibetrag reduziert den zu versteuernden Immobilienwert deutlich. Je nach Verwandtschaftsgrad gelten im Augenblick folgende Freibeträge:
- Ehegatten/Lebenspartner: 500.000 Euro
- Kinder/Stiefkinder: 400.000 Euro
- Enkel: 200.000 Euro
- Eltern und Großeltern: 100.000 Euro
- Alle übrigen Erben: 20.000 Euro
Die Freibeträge betreffen Schenkungen und Erbschaften und können alle zehn Jahre neu genutzt werden. Nur was nach Abzug der Freibeträge vom Vermögenswert übrig bleibt, ist erbschafts- bzw. schenkungssteuerpflichtig. Die Steuersätze der Erbschafts- und Schenkungssteuer sind - genau wie die persönlichen Freibeträge - abhängig von den Steuerklassen und zusätzlich progressiv gestaffelt.
Auch könnte es sich lohnen, abzuwarten, ob von der Ampel höhere Freibeträge umgesetzt werden. Die Freibeträge müssten nach Ansicht einiger Parteien mit den steigenden Bewertungen mitwachsen.
- Eigennutzung der Immobilie
Für verwitwete Ehe- oder Lebenspartner fällt keine Erbschaftssteuer an, wenn diese mindestens zehn Jahre in dem Haus wohnen bleiben. Ähnliches gilt für Kinder, allerdings nur bei einer Wohnfläche bis 200 Quadratmeter.
- Vom Nießbrauch Gebrauch machen
Zudem kann sich der Erblasser ein Wohnrecht und / oder Nießbrauch vorbehalten. Dies senkt den Wert der Immobilie und kann sich entsprechend positiv auf die Schenkungssteuer auswirken.
Immobilien als attraktive Assetklasse
Inwiefern sich die höhere Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer in Kombination mit der Inflation und steigenden Zinsen in den kommenden Jahren auf den deutschen Immobilienmarkt auswirken wird, ist nicht abzusehen. Prognosen, wie z.B. von der Deutschen Bank rechnen jedoch aufgrund der hohen Finanzierungskosten 2023 mit einem Ende des jahrzehntelangen Booms, der schon definitionsgemäß nicht ewig andauern kann.
Von einem “Platzen der Immobilienblase” kann jedoch keine Rede sein, denn der anhaltend hohen Nachfrage steht ein weiterhin geringes Angebot gegenüber. In gefragten Metropolen wie Berlin, Köln oder Hamburg sei die Zahl der fertig gestellten Wohnungen im vergangenen Jahr sogar gesunken.
Deshalb gehören Immobilien bzw. Immobilieninvestments - auch im Hinblick auf bestehende Inflationsrisiken - weiterhin in jedes diversifizierte Portfolio. Dabei sollte laut Aussagen der Deutschen Bank ein besonderes Augenmerk auf energieeffiziente, Immobilien gelegt werden, die sich als ebenso nachhaltig wie preisstabil erweisen könnten.