Back
Grundwissen Geldanlage

Zinspolitik: Welche Strategien verfolgen die Notenbanken?

Angesichts der raschen und teils historisch hohen Zinsschritte der vergangene Monate fragen sich Sparer, Investoren und Immobilienkäufer langsam, wohin die Reise der Notenbanken geht. Deren Motiv ist ganz klar die Inflationsbekämpfung. Doch wie gelingt der Spagat zwischen dem Erreichen des länderspezifischen Inflationsziels und einem gesunden Wirtschaftswachstum? Und was sollten Anleger jetzt bedenken?

February 17, 2023
4
min read
FINEXITY
AG
Redaktion

Die Zinspolitik führender Notenbanken

Zunächst gilt es, den Zusammenhang zwischen Zinserhöhungen und der Inflationsbekämpfung zu verstehen. Die Höhe des Leitzinses, den die Notenbanken vorgeben, hat Auswirkungen auf die Bau-, Kredit- und Sparzinsen. Vereinfacht gesagt, führen niedrigere Zinsen zu einer Zunahme der Kreditvergabe. Infolgedessen geben Verbraucher und Unternehmen mehr Geld aus, wodurch die Inflation steigt. 

Werden dagegen die Zinsen angehoben und das “Geld leihen” somit teurer, wird mehr gespart und weniger Geld ausgegeben. Das bremst zwar das Wirtschaftswachstum, senkt gleichzeitig aber auch die Inflation. Zentralbanken nutzen diesen Mechanismus, um durch stabile Preise für Verbraucher und Unternehmen die Wirtschaft im Gleichgewicht zu halten.

  • Die EZB (Europäische Zentralbank) hat beispielsweise das Ziel, die Teuerungsrate durch Zinserhöhungen auf zwei Prozent zu drücken. Nach mehreren, großen Zinsschritten seit dem Sommer 2022 haben die Währungshüter den Leitzins im Februar 2023 auf drei Prozent festgelegt. Das Ende der Fahnenstange dürfte nach Ansicht vieler Experten aber noch nicht erreicht sein, da das Inflationsziel in weiter Ferne liegt.
  • Die Fed (US-Notenbank) hat bereits im März 2022 das Ende der jahrelangen Nullzins-Politik eingeläutet. Entsprechend ist der US-Leitzins schon deutlich höher, als der EU-Leitzins: Er liegt nach acht Anhebungen in der Spanne von 4,5 bis 4,75 Prozent (Stand: Februar 2023). Nun werden kleinere Zinsschritte erwartet, da die Inflationsrate in den USA weiter zurückgeht - ein Anzeichen für erste Erfolge der strengen Geldpolitik. Im Januar stiegen die Verbraucherpreise gegenüber dem Vorjahresmonat um 6,4 Prozent. Im November hatte die Rate noch bei 7,1 Prozent gelegen. Langfristig strebt jedoch auch die Fed eine Inflationsrate von zwei Prozent an und dürfte deshalb weitere Zinsschritte planen.
  • Die People’s Bank of China greift dagegen zu ungewöhnlichen Methoden. Während überall auf der Welt die Zinsen steigen, um die Inflation zu bekämpfen, stemmte sich Chinas Zentralbank im Sommer 2022 mit der überraschenden Senkung wichtiger Zinssätze gegen die v.a. coronabedingte Konjunkturflaute. Die Zentralbanker senkten unter anderem den Referenzzins für einjährige Darlehen auf 2,75 von zuvor 2,85 Prozent und halten bis dato daran fest.

Folgen für Unternehmen und Verbraucher

Die aktuell vorherrschende, restriktive Zinspolitik der EU- und US-Notenbank zielt im Wesentlichen darauf, die Höhe des sich im Umlauf befindlichen Geldes zu verringern und die Inflation so zu senken. Damit begeben sich die Währungshüter jedoch auf ein schwieriges Terrain. Denn wenn die Zinsen zu stark steigen, wird das Wirtschaftswachstum abgewürgt. Im wahrscheinlichsten Fall haben die Zinserhöhungen der Notenbanken jedoch folgende Konsequenzen:

  • Folgen für die Wirtschaft:

Weil viele Firmen aufgrund der gestiegenen Zinsen für Kredite weniger investieren, der Konsum nachlässt und es zudem noch anhaltende Lieferkettenprobleme und Produktionsausfälle gibt,  könnte die Wirtschaft vorübergehend einbrechen. Auch eine Rezession ist möglich. Die gibt es dann, wenn die Wirtschaft eines Landes zwei Quartalen hintereinander schrumpft, die Arbeitslosenzahlen steigen und die Steuereinnahmen einbrechen. Aktuell wird für die USA und Deutschland - wenn überhaupt - nur eine milde Rezession erwartet. Dagegen steigt die Gefahr der Stagflation - einer anhaltenden konjunkturellen Schwäche bei gleichzeitig steigenden Preisen.

  • Folgen für Verbraucher:

Des einen Freud, des anderen Leid: Für Sparer gibt es endlich wieder Guthabenzinsen, für Kreditnehmer und Immobilienkäufer wird es dagegen teurer. Seit einigen Monaten steigen die Zinsen, die Banken für Guthaben auf Tagesgeldkonten und Festgeldkonten zahlen. Zudem fällt das Verwahrentgelt für große Geldbeträge auf dem Girokonto bei den allermeisten Banken weg. 

Kredite, insbesondere Immobilienkredite, werden dagegen teurer. Die Höhe der Bauzinsen ist allerdings nicht direkt von EZB-Zinsentscheidungen abhängig, sondern orientiert sich an der Verzinsung von Bundesanleihen. Höhere Zinsen treffen vor allem diejenigen, die ein neues Darlehen oder eine Anschlussfinanzierung für einen Immobilienkredit benötigen.

Momentan ist davon auszugehen, dass sowohl die Inflation, als auch Zinserhöhungen noch eine Weile “here to stay” sind. So sagte der Chef der US-Notenbank, Jerome Powell, im Februar 2023, dass “für einige Zeit“ mit einer restriktiven Politik gerechnet werden müsse. Das bedeutet: Auch wenn sich das Wirtschaftswachstum abschwächt, sollte nicht mit Leitzinssenkungen gerechnet werden, solange das Inflationsproblem anhält.

Inflationsschutz fürs Portfolio ist wichtiger denn je

Was bedeutet das für Privatanleger? Zum einen ermöglichen die steigenden Zinsen, dass Kapital, das mittelfristig nicht benötigt wird, wieder verzinst auf Festgeldkonten angelegt werden kann. Doch hierbei gilt es zu beachten, dass der Zinssatz, den die Banken zahlen, momentan noch deutlich unter der Teuerungsrate liegt. Deshalb verliert das Spargeld trotz Zinsen fortlaufend an Wert. 

Die Aktienmärkte könnten dagegen wieder attraktive Einstiegschancen bieten. Allein der Dax hat im Januar fast neun Prozent zugelegt, weil Investoren darauf spekulieren, dass zumindest das Tempo und die Höhe der Zinsschritte abnehmen wird. Doch mit Unternehmensanteilen sind auch Risiken verbunden. So können Firmen in Schieflage geraten, weil z.B. neue Wettbewerber in einen Markt eintreten oder Verbraucher ihre Konsumgewohnheiten ändern. 

Deshalb ist es sinnvoll, ein Portfolio möglichst diversifiziert zu strukturieren und auch Sachwerte beizumischen, die kaum eine Marktkorrelation aufweisen. Hierzu zählen Collectibles wie Kunst, Classic Cars oder Luxusuhren ebenso wie Immobilien. Wobei die Tokenisierung von Sachwerten in digitale Anteile sogar Privatinvestoren Anlagechancen im Bereich Collectibles, Immobilien und Private Equity eröffnet, die sonst nur institutionelle Investoren wahrnehmen können.