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Blockchain

NFT im juristischen Kontext: Vermögensanlage oder digitales Wertpapier?

NFT (Non-Fungible Token) haben in den vergangenen drei Jahren den Blockchain-Markt aufgemischt. Denn sie bieten die Möglichkeit, einzigartige, digitale Vermögenswerte wie z. B. Kunst, Musik oder Sammlerstücke mithilfe der Blockchain-Technologie einem Besitzer zuzuordnen und zu handeln. Aus rechtlicher Sicht sind NFTs ein relativ neuer Bereich, dessen Rechtsrahmen sich noch in der Entwicklung befindet. Erfahren Sie, welche Relevanz NFT für den Finanzmarkt haben, welche Folgen sich daraus für Anbieter, Dienstleister sowie Händler ergeben, und wie die BaFin NFTs aktuell einordnet.

March 31, 2023
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FINEXITY
AG
Redaktion

Vom Nischenprodukt zum Amazon Marketplace

Zumindest in den Medien hat der NFT-Hype etwas nachgelassen. Nachdem der Künstler Beeple im Jahr 2021 seine digitale NFT-Collage „Everydays: The first 5000 Days” für über 69 Millionen Dollar verkauft hatte, waren viele Investoren bzw. Spekulanten im Non-Fungible-Token-Fieber. 

Vom Hoch im August 2021 mit knapp 2,8 Milliarden Dollar Handelsvolumen in 30 Tagen haben sich die NFT-Märkte Ende 2022 um 100 bis 200 Millionen Dollar an gehandelten Werten pro Monat eingependelt. Im Februar 2023 nahm das NFT-Handelsvolumen jedoch wieder deutlich zu. Den Daten des Kryptoanalyseunternehmens CryptoSlam zufolge knackte das NFT-Volumen sogar erstmals seit neun Monaten wieder die Marke von über einer Milliarde Dollar.

Besonders interessant ist jedoch, dass zunehmend auch namhafte Tech-Konzerne Interesse an NFTs zeigen. Berichten zufolge soll nun sogar der Tech-Riese Amazon in Kürze seinen eigenen NFT-Marktplatz eröffnen und Blockchain-basierte Spiele anbieten. Der „Amazon Digital Marketplace“ wird voraussichtlich am 24. April offiziell starten, aber zunächst nur für US-amerikanische Kunden zugänglich sein. Der Projektfokus soll darauf liegen, Kunden dazu zu bringen, an Krypto-Spielen teilzunehmen, um kostenlose NFTs zu erhalten. Mit dem NFT-Marktplatz eröffnet sich Amazon ein neues Geschäftsfeld, treibt die Integration in das Web3-Ökosystem weiter voran und tritt damit in die Fußstapfen von anderen Branchenführern wie Meta und Google, die bereits in der Web3-Industrie tätig sind.

Rechtliche Einordnung von NFTs

Der Hype um NFTs als Kunst oder auch Kommerz-Vehikel hat zwei Gründe: Zum einen lässt sich damit die Provenienz und Echtheit leicht und schnell nachvollziehen, was in der Kunstwelt, aber auch bei Dokumenten oder Verträgen von elementarer Bedeutung ist. Zum anderen begründen die digitalen Echtheitszertifikate einen eigentumsähnlichen Ausschließlichkeitsanspruch: Der NFT ist einem Besitzer zugeordnet, der darüber frei verfügen kann.  

Die zunehmende Kommerzialisierung von NFT verlangt natürlich auch nach soliden Regularien. Momentan ist es in Deutschland jedoch noch die Frage, wie NFTs rechtlich behandelt werden, zumal deren Ausgestaltung und Marketing sehr unterschiedlich sein kann. Als positives Signal wird gewertet, dass die BaFin in einem Fachartikel einen eher restriktiven Ansatz verfolgt: Zahlreiche typische NFT dürften eher keiner Regulierung unterliegen. Es kommt jedoch auf die Betrachtung im Einzelfall an.

NFTs in der BaFin-Regulierung

Bei der aufsichtsrechtlichen Prüfung von NFT geht die BaFin wie bei der Prüfung fungibler (austauschbarer) Token vor. Sie prüft bei Token im Einzelfall, ob es sich um ein Finanzinstrument im Sinne des Wertpapierhandelsgesetzes bzw. der Richtlinie über Märkte für Finanzinstrumente (MiFID II), um ein Wertpapier im Sinne des Wertpapierprospektgesetzes (WpPG) oder Vermögensanlagen nach dem Vermögensanlagengesetz (VermAnlG) handelt. Es gibt dabei mehrere, denkbare Unterkategorien von Finanzinstrumenten:

  • Einordnung als Wertpapier

NFT sind als Wertpapiere einzuordnen, wenn sie wertpapierähnliche Rechte verkörpern, übertragbar und auf dem Finanzmarkt handelbar sind. Unter wertpapierähnliche Rechte fallen mitgliedschaftliche Rechte oder schuldrechtliche Ansprüche vermögenswerten Inhalts, ähnlich wie bei Aktien und Schuldtiteln. Bisher sind der BaFin keine NFT bekannt, die als Wertpapier im aufsichtsrechtlichen Sinne einzuordnen sind. Zum einen fehlte es den Token bislang an verkörperten wertpapierähnlichen Rechten. Und zum anderen sind NFT in der Regel mit individuellen Rechten und Inhalten versehen, sodass eine Standardisierung und damit Handelbarkeit im Sinne des aufsichtsrechtlichen Wertpapierbegriffs ausscheidet. Im Fall einer Klassifizierung als Wertpapier kann der Emittent des NFT jedoch verpflichtet sein, die deutschen Wertpapiergesetze und -vorschriften einzuhalten, wie z.B. Prospektanforderungen.

  • Einordnung als Vermögensanlage

NFT können subsidiär zur Einordnung als Wertpapier auch als Vermögensanlage nach dem VermAnlG qualifiziert werden. Es ist zum Beispiel durchaus möglich, dass ein NFT, der als Eigentumsnachweis für einen Kunstgegenstand dient, als sonstige Anlage nach § 1 Absatz 2 Nummer 7 Alternative 1 VermAnlG einzuordnen ist, wenn er die Verpflichtung des Emittenten verkörpert, den Kunstgegenstand gewinnbringend zu veräußern und dem Tokeninhaber einen Rückzahlungs- und Zinsanspruch einräumt. Allerdings besteht dann keine Pflicht zur Erstellung eines Prospekts beziehungsweise eines Vermögensanlageinformationsblatts, wenn weniger als 20 Anteile, in diesem Fall also NFT, im Rahmen einer Emission ausgegeben werden (§ 2 Absatz 1 Nummer 3 Buchstabe a VermAnlG). Entscheidend ist auch, welche „Werbeaussagen“ durch die oder im Auftrag der Emittenten getroffen werden, also etwa eine „besondere Eignung der angebotenen NFT zur Geldanlage“. NFT, die eher zufällig zu (kurzfristigen) Spekulationsobjekten werden, dürften daher nicht reguliert sein.

  • Einordnung als Kryptowerte

Kryptowerte sind digitale Darstellungen eines Wertes, die von Dritten als Zahlungsmittel akzeptiert werden oder Anlagezwecken dienen. Eine Nutzung als Tausch- oder Zahlungsmittel erscheint bei nicht fragmentierten NFT mit individuellem Inhalt schon wegen der fehlenden inhaltlichen Austauschbarkeit kaum realistisch. Anders verhält es sich dagegen bei der Nutzung zu Anlagezwecken, die bei NFT nicht von vornherein ausgeschlossen ist. Wobei der bloße Umstand, dass Nutzer mit einem NFT spekulieren, also über den An- und späteren Verkauf einen Gewinn realisieren können, nicht ausreicht, um bei der betroffenen NFT-Kategorie objektiv von einem Anlagezweck ausgehen zu können. Im Rahmen der Prüfung wird es daher sowohl auf die mit den Token verbundenen Rechte ankommen, als auch auf die Werbeaussagen des Emittenten oder mit dem Vertrieb beauftragten Dritten. Sollte dabei zum Beispiel eine besondere Eignung der angebotenen NFT zur Geldanlage herausgestellt werden, könnte ein Kryptowert vorliegen.

Wenn sich ein NFT als Finanzinstrument qualifiziert, bleibt der bloße Verkauf bzw. die Ausgabe durch den Emittenten grundsätzlich erlaubnisfrei. Darüberhinausgehende Handelstätigkeiten können jedoch gemäß KWG oder WpIG erlaubnispflichtig sein. Gegebenenfalls gelten auch bereits für die Ausgabe oder den Verkauf von NFT Prospektpflichten.

Soweit NFT Gegenstand von regulierten Finanz- oder Wertpapierdienstleistungen sind, löst dies zugleich eine Anwendbarkeit des Geldwäschegesetzes (GwG) und ggf. der Kryptowertetransferverordnung aus. Die aktuell besonders relevanten Kunst-NFT und Sammlerstücke unterliegen nach derzeitiger Rechtslage in aller Regel jedoch nicht der Geldwäscheaufsicht der BaFin.

NFT könnten aufgrund ihrer technischen Ausgestaltung und vielfältigen Einsatzmöglichkeiten in Kunst, Kultur, dem Metaverse oder in der Wirtschaft viel Potential bergen. Deshalb ist es wichtig, dass Regulierungs- und Aufsichtsbehörden weltweit zeitnah verlässliche, rechtliche Rahmenbedingungen schaffen. Ein regulierter, transparenter Markt würde das Wachstum und die Reputation der NFT-Branche verbessern und zugleich wegweisende Innovationen begünstigen.