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Multi-Asset

Nachruf auf Charlie Munger: Warren Buffetts “Alter Ego” ist tot

Die (Finanz-)Welt trauert um eine Investorenlegende: Charlie Munger. Der als “rechte Hand” vor Warren Buffett bekannte, stellvertretende Vorsitzender von Berkshire Hathaway verstarb am 28. November 2023 - nur wenige Wochen vor seinem 100. Geburtstag. Munger hinterlässt ein Milliardenerbe, zahlreiche Kinder und Stiefkinder, und einen “Schatz” an Finanzwissen.

November 29, 2023
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FINEXITY
AG
Redaktion

Wer war Charlie Munger?

Der am 1. Januar 1924 in Omaha, Nebraska, geborene Charles Thomas Munger blickt auf eine lange und erfolgreiche Karriere in der Geschäfts- und Finanzwelt zurück. Das Schicksal nahm seinen Lauf, als Charlie Munger bereits als Schüler im Supermarkt “Buffett & Son" arbeitete, der damals Warren Buffetts Großvater gehörte. Doch die beiden fast schon füreinander bestimmten Star-Investoren lernten sich erst viele Jahre später kennen. Munger studierte in den Vierzigerjahren Mathematik an der University of Michigan. Er brach das Studium aber ab, um während des Zweiten Weltkriegs als Meteorologe im Army Air Corps zu dienen. Anschließend schloss er 1948 einen das Studium der Rechtswissenschaften an der Harvard University mit “Magna cum laude” ab, obwohl er keinen College-Titel hatte. Mit dem Abschluss in der Tasche gründete er in Kalifornien die Rechtskanzlei Munger, Tolles & Olson. Dort arbeitete Munger bis er 1960 seine Tätigkeit als Jurist aufgab, um sich auf das Investmentmanagement zu konzentrieren. Vor allem, wegen eines wegweisenden Treffens mit Warren Buffett.

Vom “Blind Date” zu Berkshire Hathaway

Ein Ehepaar aus Omaha lud Warren Buffett und Charlie Munger im Jahr 1959 zu einem gemeinsamen Mittagessen ein, weil “sich die beiden Vermögensverwalter so ähnlich waren und deshalb einfach kennenlernen mussten”. Tatsächlich waren Warren und Charlie von Anfang an auf einer Wellenlänge. So erzählte Buffett einmal: “Charlie hat über seine eigenen Witze gelacht, so wie ich das auch immer mache. Und ich wusste: So einen wie ihn treffe ich nie wieder.“

Da beide auch ähnliche Investmentansätze verfolgten, gründeten sie 1962 die Investmentgesellschaft Wheeler, Munger & Co. Deren Gewinnentwicklung von durchschnittlich 19,8 % p. a. ließ den US-Leitindex Dow Jones bis zu ihrer Liquidation Anfang 1976 im Schatten stehen.

Danach nahm auch die unternehmerische Erfolgsgeschichte des Duos ihren Lauf. Zunächst durch eine Beteiligung Buffets an der damaligen Textilfabrik Berkshire Cotton Manufacturing, deren Ursprünge bis ins Jahr 1889 zurückreichten. 1962 begann Warren Buffett, der damals ein Vermögen von rund sieben Millionen Dollar verwaltete, Anteile an dem strauchelnden Unternehmen zu erwerben und es zu restrukturieren. Schließlich übernahm Buffett Berkshire komplett und baute die Firma zu einem Investment-Vehikel um. Auf Druck der US-Börsenaufsicht musste Warren Buffett die zu dieser Zeit verstreuten Investmentaktivitäten 1979 jedoch in Berkshire Hathaway zusammenführte, und Charlie Munger erhielt als Abfindung für seine Anteile zwei Prozent der Berkshire-Aktien und den Posten als Vice Chairman. 

Milliarden mit Pralinen

1967 kaufte Berkshire Hathaway die ersten beiden Versicherungsgesellschaften, die zur Gewinnmaschine von Berkshire Hathaway ausgebaut wurden, da die Versicherungsprämien für einen ständigen Barmittelzufluss sorgten. Einer der ersten großen Deals von Buffett und Munger war auch der Kauf der amerikanischen Pralinen-Kette See's Candies Anfang der 70er Jahre für 25 Millionen Dollar. Buffett schreibt Munger zu, ihn zu dieser Investition überredet zu haben. Denn vor dem Kauf von See's bestand Berkshires Ansatz darin, Unternehmen mit schwacher Wertentwicklung zu kaufen. Erst durch den Kauf von See's lernten Munger und Buffett die Stärke einer Marke mit treuen Kunden zu schätzen. 2008 bezeichnete Buffett See's schließlich als "Traumunternehmen" und erklärte, dass die Milliarden-Gewinne von See's den Treibstoff für das zukünftige Wachstum von Berkshire lieferten.

Für Munger war See's nicht nur eine gute Investition, sondern auch der Schlüssel zu seinem langen Leben: "Ich esse diesen guten Erdnusskrokant. Das ist es, was man tun sollte, wenn man 99 Jahre alt werden will", sagte Munger im Februar 2023 gegenüber CNBC.

Mit Anteilen an Großhandelsunternehmen, Convenience-Stores, Discountern, Drogerien, Restaurants, Eisenbahngesellschaften und vielem mehr machte Berkshire Hathaway in den darauf folgenden Jahrzehnten Milliarden. Des Weiteren hält Berkshire Hathaway in seinem Aktienportfolio große Positionen an namhaften börsennotierten Aktiengesellschaften wie Apple, Bank of America, The Coca-Cola Company, Visa oder American Express. Der Wert des Gesamtportfolios belief sich Ende November 2023 auf über 300 Milliarden Dollar.

Wertvollste Aktie auf dem Globus

Von 1964 bis 2022 erzielte Berkshire eine Rendite von rund vier Millionen Prozent. Damit übertraf das Konglomerat den breit gefassten S&P 500, der im selben Zeitraum um 25.000 Prozent zulegte, um ein Vielfaches. Im November 2023 erreichte die Marktkapitalisierung von Berkshire Hathaway über 780 Milliarden US-Dollar. Die A-Aktie ist die wertvollste auf dem Globus und notiert mittlerweile im sechsstelligen Bereich.

Charlie Munger war seit 1978 Vice Chairman der Investmentgesellschaft und einer der größten Aktionäre. Dies machte Munger zum Milliardär, dessen Vermögen auf 2,7 Milliarden Dollar geschätzt wurde. Den Großteil davon hielt er in Berkshire-Aktien.

Was Investoren von Charlie Munger lernen können

Warren Buffett und Charlie Munger waren sich in vielerlei Hinsicht sehr ähnlich, ergänzten sich aber auch in wesentlichen Punkten. So behaupteten beide gerne, sie hätten sich in 60 Jahren Zusammenarbeit nie gestritten. Wie man das hinbekommt, erklärte Warren Buffett so: “Immer, wenn wir nicht übereinstimmen, beendet Charlie die Konversation mit den Worten: “Warren, denk darüber nach, dann wirst du mir zustimmen. Denn du bist intelligent – aber ich habe recht.“ 

Tatsächlich galt Munger als der besonnenere des Investoren-Duos. Er blieb lieber im Hintergrund, war vorsichtig, auf Qualität bedacht und interessierte sich neben der Wirtschaft auch für Naturwissenschaften, Psychologie oder Philosophie. Denn: "Hat man nur einen Hammer, sieht jedes Problem mehr oder weniger aus wie ein Nagel". So wurde Munger bekannt für seinen multidisziplinären Problemlösungsansatz, der sich auf Erkenntnisse aus einer Vielzahl von Bereichen außerhalb der Finanzwelt stützte. 

Auch überzeugte er Buffett, seinen Investmentansatz hin zum “Value Investing” zu ändern. “Statt unterbewertete Unternehmen zu guten Preisen zu kaufen, wollte Munger lieber exzellente Unternehmen zu passablen Preisen kaufen“. In einem Statement nach Mungers Tod ehrte Warren Buffett Mungers Lebenswerk mit den Worten: “Berkshire Hathaway hätte ohne Charlie’s Beteiligung, Inspiration und Weisheit nicht bis zu seinem heutigen Status aufgebaut werden können.“