Stephan Balkenhol: deutscher Holzkünstler mit internationalem Renommee
Holz findet als Werkmaterial seit Jahrhunderten in der Bildenden Kunst Verwendung. Ob plastisch als Skulptur oder in der Ebene. Der moderne Künstler Stephan Balkenhol verarbeitet den weichen, aber dennoch widerstandsfähigen Werkstoff zu Figuren, die durch ihre minimale Formensprache bestechen. Erfahren Sie, wie der Bildhauer zur Materie Holz kam, und warum Sammler und Investoren für einen echten Balkenhol durchaus sechsstellige Summen bezahlen.
Stephan Balkenhols Werdegang
Stephan Balkenhol wurde 1957 in Fritzlar / Hessen als jüngster von vier Söhnen geboren. Er studierte von 1976 bis 1982 an der Hochschule für Bildende Künste in Hamburg, unter anderem bei dem Bildhauer Ulrich Rückriem. Dank des Karl-Schmidt-Rottluff-Stipendiums konnte auch Balkenhol schließlich seinen Weg zum Bildhauer einschlagen. Seitdem kreiert er die für ihn typischen, figurativen Holzskulpturen, die er aus Holzstämmen herausarbeitet und anschließend bemalt. Balkenhol schätzt das Material Holz aufgrund seiner Eigenschaften: „Jedes Material gibt eine bestimmte Geschwindigkeit vor, mit der man es bearbeiten kann: Ton kann sehr schnell gehen, Stein ist hart und erfordert viel Zeit. Holz liegt dazwischen und entspricht genau meinem persönlichen Temperament.“
Zur Skulpturen-Kunst kam Balkenhol nach eigener Einschätzung auch, weil er als Kind mit seinen Eltern immer Museen und Kirchen besichtigte, die eine große Fülle an holzgeschnitzten Figuren beherbergten. Zudem prägten ihn die Waldlandschaften Luxemburgs und Kassels. „Wenn da auf der Wilhelmshöhe ein Lindenbaum gefällt wurde, bin ich mit der Schubkarre hin und verbrachte danach mehrere Stunden im Keller.“
Durch seinen Beitrag zur Ausstellung „Skulpturen Projekte Münster” 1987 erregte er erstmals über die deutschen Grenzen hinaus Aufmerksamkeit: Balkenhol platzierte einen „Mann mit grünem Hemd und weißer Hose” auf dem Kaminvorsprung einer Brandmauer. Das Aussehen der Skulptur ähnelte einem echten Menschen so sehr, dass mehrfach die Polizei gerufen wurde, da die Passanten glaubten, einen Selbstmörder entdeckt zu haben.
Neben seiner Künstlerkarriere war Balkenhol unter anderem Lehrer am Städelschen Kunstinstitut in Frankfurt und ab 1992 Professor an der Staatlichen Akademie der Bildenden Künste in Karlsruhe. Heute lebt und arbeitet er in Karlsruhe, Berlin und Meisenthal, Frankreich.
Skulpturen, die Geschichten erzählen
Vor allem Weichhölzer wie das afrikanische Wawaholz haben es Balkenhol angetan. Doch mitunter greift er auch zu harter Eiche, Zeder, Buche, Linde oder Kiefer. Seine Werke, die als limitierte Editionen auch Bronze-Miniaturen gefertigt werden, zeichnen sich durch ihre schlichte Eleganz und ihre ausdrucksstarke Präsenz aus. Balkenhol hat eine einzigartige Fähigkeit, das Wesentliche eines Motivs einzufangen und es in einer minimalistischen, aber dennoch fesselnden Weise darzustellen. Seine Werke erinnern zwar entfernt an mittelalterliche Schnitztechniken, erweitern die traditionelle Rolle von Statuen aber, indem sie gewöhnliche Menschen abbilden und keine berühmten oder sakralen Persönlichkeiten.
Entgegen eines ästhetischen Ideals, das die Bildhauerei seit der Antike maßgeblich bestimmte, haben die Figuren des hessischen Künstlers nichts traditionell Schönes an sich. Die Sockel sind auf das Minimum der meist unbearbeitet stehengelassenen runden Holzstämme reduziert. Auch vermitteln sie keine „Botschaft” im herkömmlichen Sinne. Oder wie Balkenhol es formuliert: „Meine Skulpturen erzählen keine Geschichten. In ihnen versteckt sich etwas Geheimnisvolles. Es ist nicht meine Aufgabe, es zu enthüllen, sondern die des Zuschauers, es zu entdecken.” Sein bekanntester Figurentypus ist der Mann mit schwarzer Hose und weißem Hemd. Die dargestellten Menschen zeigen keine eindeutigen Emotionen, sondern blicken scheinbar ins Leere und bleiben distanziert, anonym und rätselhaft.
Deshalb bevölkern seine Mensch- und Tierfiguren geradezu selbstverständlich Gebäude, Straßen oder Plätze und wirken sogar in Museen geradezu unscheinbar - wie entrückt. Auch sein 2006 vor dem Hauptsitz von ARTE in Straßburg aufgestellter Giraffenmann, eine seiner bekanntesten Skulpturen, wirkt trotz seiner drei Meter Höhe selbstverständlich ins Gesamtbild passend. Balkenhol fertigt bis zu 100 Großskulpturen in einem Jahr; bislang dürften es weit mehr als 2000 sein - die größte davon ist über sechs Meter hoch.
International renommierter Künstler
Sein Beitrag zur zeitgenössischen Kunstwelt besteht darin, die Schönheit des Alltäglichen und die Einzigartigkeit jedes Individuums hervorzuheben und in inspirierenden Skulpturen zum Ausdruck zu bringen, die auf der ganzen Welt Anklang finden. Seine Werke werden in renommierten in Museen und Galerien ausgestellt. Darunter das National Museum of Art in Osaka, das Montreal Museum of Fine Arts und die Smithsonian Institution in Washington, D.C. Zu den wichtigsten Einzelausstellungen von Stephan Balkenhol zählen die Kunsthalle Emden, Deutschland (2018), das Centro de Arte Contemporáneo de Málaga, Spanien (2018), das MMOMA – Moskauer Museum für Moderne Kunst, Russland (2016), die Fondation Fernet-Branca, Saint-Louis, Frankreich (2016), das National Museum of Art Osaka, Japan (2005) und das Sprengel Museum in Hannover, Deutschland (2003).
Balkenhol schuf wie bereits erwähnt auch diverse Skulpturen für den öffentlichen Raum. Die berühmtesten dieser Werke sind:
- „Vier Männer auf Bojen“ (1993) auf Elbe und Alster in Hamburg,
- „Vier-Figuren-Gruppe“ (2005) im Atrium der University of California, San Francisco
- „Rembrandt als junger Mann“ (2006), Geburtshaus Rembrandts in Leiden.
Die Skulpturen des Bildhauers wurden in der Vergangenheit für Preise im Bereich von mehreren Tausend bis hin zu über Hunderttausend Euro verkauft und lagen bei Auktionen meist über der Schätzung. So erzielte beispielsweise das Werk „Mann mit weißem Hemd und schwarzer Hose” 2022 statt kalkulierten 50.000 Euro einen Erlös von 100.000 Euro.