Was die Rekord-Inflation für Anleger bedeutet
In führenden Industriestaaten wie den USA oder Deutschland stieg die Inflation im Dezember 2021 mit 7,0 Prozent bzw. 5,3 Prozent auf den höchsten Stand seit über 30 Jahren. Die Corona-Pandemie und geldpolitische Entwicklungen könnten dafür sorgen, dass sich die Konjunkturerholung nach hinten verschiebt und der Preisauftrieb 2022 weiter anhält. Erfahren Sie, welche Faktoren die Inflation in die Höhe treiben, wie die Notenbanken darauf reagieren und was Anleger tun können, um ihr Vermögen zu schützen.
Ursachen von Inflation: Preissteigerungen und ultra-lockere Geldpolitik
Generell bedeutet „Inflation”, dass sich das Preisniveau von Gütern stetig erhöht, Löhne und Gehälter aber langsamer ansteigen als die Verbraucherpreise. Deshalb sinkt der Wert des Geldes bzw. nimmt die Kaufkraft ab.
Preissteigerungen können verschiedene Ursachen haben. So zum Beispiel die Verknappung bestimmter Güter oder Dienstleistungen, die sich aufgrund der gleichzeitig hohen Nachfrage verteuern.
Auch die Geldpolitik der Notenbanken kann eine Inflation hervorrufen. Wenn eine Zentralbank – wie seit einigen Jahren die EZB – die Geldmenge einer Volkswirtschaft erhöht, pumpt sie zusätzliche Liquidität in den Markt. Konsumenten und Unternehmen können dadurch mehr Güter nachfragen als vorher, wodurch wiederum die Nachfrage und Preise für Produkte und Dienstleistungen anziehen.
Neben einer höheren Nachfrage kommt auch ein verändertes Angebot als Inflationstreiber infrage. So können höhere Löhne und steigende Energiepreise Produktionsprozesse oder andere Leistungen verteuern. Um dennoch rentabel zu wirtschaften, werden die Mehrkosten in Form von Preiserhöhungen an die Kunden weitergegeben.
Hohe Inflation durch Corona-Pandemie verstärkt
Aufgrund der Corona-Pandemie gibt es entscheidende Faktoren, die eine hohe Teuerungsrate begünstigen. So verursachen monatelange, wiederkehrende Lockdowns und Quarantäneregelungen rund um den Globus Produktionsstopps und Lieferengpässe. Die daraus resultierende Angebotsknappheit treibt die Preise in die Höhe und belastet die Wirtschaft.
Wasser auf die Mühlen gießen zudem steigende Energie- und Rohstoffkosten, die sowohl Verbraucher, als auch Unternehmen zu spüren bekommen. Gas, Öl oder Strom sind u.a. wegen der neuen CO₂-Abgaben der Bundesregierung stark im Preis gestiegen. Im vergangenen Jahr belief sich der CO₂-Betrag auf 25 Euro pro Tonne Kohlendioxid-Ausstoß; seit diesem Jahr werden 30 Euro fällig und bis zum Jahr 2025 soll die Klima-Abgabe auf 55 Euro pro Tonne CO₂ steigen.
Als Inflationstreiber gilt auch die temporär angepasste Mehrwertsteuer in Deutschland: Um in der Corona-Krise den Konsum anzukurbeln, hat die Bundesregierung im zweiten Halbjahr 2020 die Mehrwertsteuer vorübergehend auf 16 beziehungsweise fünf Prozent gesenkt. Seit dem 1. Januar 2021 gelten in Deutschland wieder die „alten” Mehrwertsteuersätze, weshalb sich Waren und Dienstleistungen tendenziell verteuerten.
Erwartete Konjunkturerholung verschiebt sich
Einige Marktbeobachter warnen bereits davor, dass die Inflation gekommen sei, um zu bleiben. Fraglich ist nur, wie lange. Bislang wiederholte beispielsweise die Europäische Zentralbank (EZB) immer wieder ihre Erwartung, dass die Inflation schon bald deutlich zurückgehen werde. Doch zuletzt räumte die EZB ihren Irrtum ein. Für 2022 erwarten die europäischen Währungshüter eine Teuerungsrate von 3,2 Prozent – vorher lag die Prognose bei nur 1,7 Prozent. Auch in den kommenden Jahren rechnet die Notenbank mit höheren Werten: 1,8 Prozent Inflation für 2023 und 2024, nach zuvor prognostizierten 1,5 Prozent.
Das ifo-Institut rechnet für Deutschland mit ähnlich hohen Werten. Demnach dürfte die Inflationsrate von 3,1 Prozent 2021 auf 3,3 Prozent 2022 zulegen. Langfristig gehen Marktbeobachter davon aus, dass die Zeiten der extrem niedrigen Inflation von deutlich unter zwei Prozent der Vergangenheit angehören. Zum Beispiel, weil die Energiepreise vermutlich auch in den kommenden Jahren steigen und führende Notenbanken noch nicht gänzlich aus der Politik des billigen Geldes aussteigen werden.
Die Rolle der Notenbanken – verhaltenes Umdenken
Schon seit der Finanzkrise 2008/2009 halten Zentralbanken wie die US-Notenbank Fed oder die EZB die Zinsen sehr niedrig bzw. auf null Prozent, um die Wirtschaft zu stützen. Die Folgen der Corona-Pandemie machten sogar noch weiterreichende, geldpolitische Maßnahmen notwendig: Anleihekaufprogramme in Billionenhöhe. Diese helfen Staaten und Unternehmen gleichermaßen, da sie für Wertpapiere nicht so hohe Zinsen bieten müssen, wenn eine Zentralbank als großer Käufer am Markt auftritt.
Im Rahmen des 2015 erweiterten Anleihekaufprogramms APP und des Pandemiekaufprogramms PEPP hat die EZB bisher mehr als drei Billionen Euro in Staatsanleihen und Unternehmenspapiere gesteckt. Im Dezember 2021 hat die Zentralbank zwar immerhin eine Reduktion der Anleihenkäufe beschlossen. Doch die EZB hält bis auf Weiteres an der Nullzinspolitik fest, weshalb die Kritik an der Geldpolitik der Währungshüter wächst. Der EZB wird vorgeworfen, das Inflationsrisiko zu unterschätzen. Wirtschaftsverbände sehen gar das Vertrauen in den Euro gefährdet.
Die zentrale Rolle der EZB ist es nämlich, die Preisstabilität zu gewährleisten. Wenn das Inflationsziel von 2 % in diesem Jahr aber überschritten wird, müsste die EZB gegensteuern und früher als bisher beabsichtigt die Leitzinsen anheben. Mit steigenden Leitzinsen dämpfen Notenbanken die Inflation, weil höhere Zinsen die Nachfrage drosseln. Und wenn weniger gekauft wird, fällt der Preisdruck. Trotzdem ist eine Zinswende in Europa 2022 nicht in Sicht und laut EZB-Präsidentin Christine Lagarde unter den gegenwärtigen Umständen sehr unwahrscheinlich.
Wie Anleger auf die Inflation reagieren sollten
Für Anleger, die über verzinste Assets oder Kontoguthaben verfügen, bedeutet die Kombination aus niedrigen Nominalzinsen und hoher Inflation einen schleichenden Kapitalabfluss. Eine positive Rendite – also ein Wertzuwachs nach Abzug der Preissteigerung – ist unter den aktuellen Bedingungen für Sparer nicht realisierbar.
Für den langfristigen Vermögenserhalt und Vermögensaufbau eignen sich dagegen Aktien, Private Equity bzw. alternative Anlageklassen. Bei Aktien hat die jahrelange Geldflut vieler Notenbanken zu enormen Zuflüssen von Kapital, neuen Marktteilnehmern und damit erheblich steigenden Bewertungen geführt. Bei einem langen Anlagehorizont und einer diversifizierten Portfolio-Allokation, die Risiken abfedern, sind Unternehmensanteile sinnvolle Investments.
Private Equity beteiligt sich dagegen an nicht-börsennotierten Unternehmen und entwickelt diese operativ und strategisch weiter. Von möglichen Wertzuwächsen profitieren zunehmend auch private Investoren, da die Einstiegsbarrieren und Mindesteinlagesummen sinken.
Auch andere alternative Investments, wie beispielsweise digitalisierte Sachwerte, profitieren von der geringen Korrelation zu herkömmlichen Assetklassen und werden deshalb auch in Zukunft als Inflationsschutz an Bedeutung gewinnen.