Dezentral, digital, demokratisch: Die Börse im Wandel
In den Medien berichten Journalisten täglich vom Börsenparkett und informieren Anleger über die Entwicklung der Aktienkurse oder des allgemeinen Wirtschaftsgeschehens. Allerdings wird auf dem Parkett längst nicht mehr so gehandelt wie früher. Erfahren Sie, wie sich die Tradingwelt in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt hat und warum dezentrale Börsen die Zukunft sein könnten.
Was ist eigentlich ein Handelsplatz?
Prinzipiell fungiert ein Handelsplatz bzw. eine Börse als Vermittler zwischen Käufer und Verkäufer von Waren, Termingeschäften oder Finanzwerten. Sie erleichtert und vermittelt die Transaktionen und sorgt für Transparenz und Sicherheit. Es gibt physische Börsen, wo der Handel persönlich abgewickelt wird, und elektronische Börsen, die den Handel über Computer- und Netzwerktechnologien ermöglichen.
Der Preis z.B. einer Aktie wird dabei durch das Angebot und die Nachfrage definiert. Marktteilnehmer bestimmen den Geldkurs (Kaufpreis) und den Briefkurs (Verkaufspreis). Die Differenz zwischen diesen Preisen bildet die Spanne, die beim Einverständnis von Käufer und Verkäufer zu einer Transaktion führt.
Anleger erzielen in der Regel Gewinne durch die Wertsteigerung ihrer Investitionen. Dies geschieht, wenn sie ein Wertpapier kaufen, dessen Kurs steigt, und es dann mit Gewinn wieder verkaufen. Doch natürlich sind auch immer Verluste durch Kursrückgänge möglich. Die Volatilität (die Schwankungsbreite) des Aktienmarktes hängt dabei von Faktoren wie Unternehmensnachrichten, dem allgemeinen Marktsentiment sowie nationalen und globalen wirtschaftlichen Entwicklungen ab.
Weltweit gibt es in fast jedem Land eine oder mehrere Handelsplätze. Zum Beispiel die New York Stock Exchange (NYSE) und die NASDAQ in den USA, die London Stock Exchange (LSE) in Großbritannien und die Deutsche Börse in Frankfurt, Deutschland.
Vom Parketthandel zum Hochfrequenzhandel
Doch von der historischen Warenbörse über den Parketthandel bis hin zum modernen Hochfrequenzhandel war es ein weiter Weg. Bereits Ende des 14. Jahrhunderts war Antwerpen das Zentrum des internationalen Handels. Kaufleute erwarben Waren – vor allem Gewürze – in der Erwartung, dass die Preise steigen werden, um einen Gewinn zu erzielen. Auch ein Handel mit Anleihen fand statt. Doch die Börse Antwerpen verlor an Bedeutung, als sich Amsterdam zum finanziellen Zentrum in Europa entwickelte.
Im Jahr 1611 begann in Amsterdam der moderne Aktienhandel. Die niederländische Ostindien-Kompanie war das erste börsennotierte und viele Jahre lang auch das einzige Unternehmen, dessen Aktien an der Börse gehandelt wurden. Ende des 17. Jahrhunderts schloss dann eine Gruppe von Kaufleuten an der Wallstreet das Buttonwood Tree Agreement ab, um den dortigen Handel in geordnete Bahnen zu lenken. In Kurzform enthielt das Dokument drei Bestimmungen: Die Makler durften nur untereinander handeln, die Versteigerungen fielen weg und die Provision wurde auf 0,25 Prozent festgeschrieben. Aus dem Buttonwood Tree Agreement entstand schließlich die New Yorker Börse. 1896 wurde dann der Dow Jones Industrial Average ins Leben gerufen, 1923 folgte der S&P 500.
Erst im Jahr 1969 hielt das digitale Zeitalter an der Frankfurter Wertpapierbörse Einzug. Mit BÖGA, einem Computersystem zur Abwicklung von Börsengeschäften, konnten die Händler Wertpapiergeschäfte elektronisch abwickeln, kurz darauf wurden Transaktionen auch per Telex über den Börsencomputer abgewickelt. Etwa drei Jahre später begann schließlich an der US-Börse NASDAQ der elektronische Handel, der heute weltweit ganz klar das Geschehen dominiert.
Virtuelle Marktplätze gewährleisten auch Privatanlegern internationale Transaktionen, eine hohe Liquidität, eine faire und transparente Preisgestaltung und eliminieren Missverständnisse zwischen Käufern und Verkäufern. Die Deutsche Börse bietet beispielsweise zwei Handelsplätze: Xetra, eine vollständig elektronische Plattform, die über 90 % des deutschen Aktienhandels abwickelt, und den Parketthandel an der Frankfurter Wertpapierbörse, bei dem Spezialisten bei persönlichen Transaktionen unterstützen – insbesondere für weniger häufig gehandelte Wertpapiere.
Mit der digitalen Umstellung der Handelsplätze wurde auch der Hochfrequenzhandel (HFH) ermöglicht. Darunter versteht man den Handel mittels Algorithmen, die innerhalb von Sekunden hunderttausende Transaktionen ausführen und durch Geschwindigkeitsvorteile im Milli- und Mikrosekundenbereich Milliardengewinne erwirtschaften können.
Die Zukunft des Börsenhandels
Inzwischen läuft über HFH ein großer Teil der Aufträge an den internationalen Börsen. Auch der außerbörsliche Handel (OTC), bei dem Wertpapiere nicht über stationäre Handelsplätze ge- und verkauft werden, nimmt zu. Die zwei großen Vorteile von OTC sind niedrigere Gebühren und längere Handelszeiten. Dafür ist OTC-Trading nicht reguliert und birgt höhere Risiken.
In Zukunft dürften im Trading-Bereich jedoch noch weitere Innovationen entstehen, insbesondere im Bereich Decentralized Finance (DeFi). Zu den spannendsten Entwicklungen gehören dabei dezentrale Börsen, wie wir sie von Krypto-Handelsplätzen schon kennen. Anstatt auf zentrale Market Maker zurückzugreifen, wie es bei traditionellen Börsen der Fall ist, setzen dezentrale Börsen keine Zwischeninstanz für die Abwicklung von Transaktionen ein. Der Handel erfolgt stattdessen über Smart Contracts – Programme auf der Blockchain, die automatisch bestimmte vordefinierte Regeln ausführen.
Da dezentrale Börsen (DEX, Decentralized EXchanges) auf der Blockchain-Technologie basieren und jederzeit und überall zugänglich sind, kann jeder Nutzer zum Liquiditätsanbieter werden und somit an den Gebühren für die Bereitstellung von Liquidität partizipieren. Das Besondere an einer dezentralen Börse ist, dass die Handelsinfrastruktur “demokratisch” von den Nutzern selbst betrieben wird. Es ist keine zentrale Instanz mehr erforderlich, die alle Transaktionen und Dienstleistungen regelt und kontrolliert.