EU Regulation der Kryptobranche: Welche Folgen hat die MiCA-Richtlinie?
Der Begriff „Krypto” wird von vielen ausschließlich mit Digitalwährungen wie dem Bitcoin und damit zusammenhängenden Risiken assoziiert. Dazu zählen z. B. besonders hohe Volatilität, Hackerangriffe, Geldwäsche und Firmeninsolvenzen, wie zuletzt die der Kryptobörse Nuri. Doch Kryptowährungen und die zugrundeliegende Blockchaintechnologie eröffnen - richtig genutzt - auch völlig neue Chance und haben das Potenzial, die Finanz- und Wirtschaftswelt zu transformieren. Zum Beispiel durch schnelle, kostengünstige, internationale und prinzipiell sichere Finanztransaktionen, die Automatisierung von Geschäftsprozessen oder Lösungen für die Shared Economy. Erfahren Sie, was die „Markets in Crypto Assets"-Gesetzgebung beinhaltet und welche Folgen für die Kryptoindustrie, das Finanzwesen und Verbraucher denkbar sind.
Wie jede innovative, disruptive Technologie, so muss auch die nach Liberalität strebende Kryptobranche eine Form der Regulierung erfahren. Diesen Rahmen hat nun die Europäische Union durch die sogenannte MiCA-Verordnung festgelegt, der das Gremium der Staats- und Regierungschefs der EU am 5. Oktober 2022 zugestimmt hat.
Gründe für Krypto-Regulation in der EU
Darauf, dass die Kryptolandschaft reguliert werden muss, haben sich die Vertreter des EU-Parlaments und der EU-Länder bereits im Sommer verständigt. Laut Frankreichs Finanzminister Bruno Le Maire, der als EU-Ratspräsident die Verhandlungen für die Mitgliedstaaten führte, zeige die Einigung, dass die EU international die Standards bei Digitalthemen setze. Weiter sagte er, dass „diese wegweisende Gesetzgebung die Ära des Wilden Westens in der Kryptobranche beende”.
Die EU ist mit MiCA wieder mal einen Schritt voraus und malt somit möglicherweise eine Blaupause für den rechtlichen Umgang mit Kryptos im Rest der Welt. Denn das neue Gesetz soll Anleger schützen, den Missbrauch von Kryptowährungen verhindern und gleichzeitig Innovationen in der Branche ermöglichen.
Dass eine globale Regulierung nötig wäre, zeigen zwei aktuelle Beispiele: Tornado Cash und Nuri. Mit der Plattform Tornado Cash ist es möglich, die Herkunft von Kryptowährungen wie Bitcoin und Ethereum zu verschleiern und öffnet damit Tür und Tor zur Geldwäsche und illegalen Transaktionen. Das US-Finanzministerium geht davon aus, dass seit der Gründung von Tornado Cash im Jahr 2019 ungefähr sieben Milliarden Dollar an Vermögenswerten gewaschen wurden. Deshalb haben die Minister vor Kurzem allen Amerikanern die Nutzung von Tornado Cash verboten und überwachen sämtliche mit der Plattform im Zusammenhang stehende Wallets.
Ein Beispiel aus Berlin zeigt ebenfalls Missstände auf: Die Digitalbank Nuri warb mit dem Slogan „Hohe Rendite ist Geschichte? Nicht mit dem Bitcoin Ertragskonto von Nuri. Damit wächst der Wert deiner Bitcoins um bis zu 3 % pro Jahr. Und zwar von ganz allein.“ Die Krux daran war, dass Nuri-Kunden bei diesem Produkt keinen Vertrag mit der Bank, sondern mit der US-Firma Celsius Network geschlossen hatten, die keine Einlagensicherung für die Bitcoins gab. Da im Zuge der fallenden Krypto-Kurse viele Kunden ihre Einlagen zurückverlangten, gingen Celsius die finanziellen Mittel aus - das Unternehmen stoppte alle Auszahlungen und Nuri musste Anfang August Insolvenz anmelden.
Negativ-Beispiele wie diese werfen ein schlechtes Licht auf die gesamte Kryptobranche und untergraben das an sich positive Potenzial der Blockchain. Denn - in die richtigen Bahnen gelenkt - ermöglicht die disruptive Technologie ein globales Register, das Besitzverhältnisse unmissverständlich zuordnet und mit dessen Hilfe Werte oder Rechte bei Bedarf sekundenschnell transferiert werden können. Dezentral, manipulationssicher und ohne Intermediäre. Neben dem bereits heute vorhandenen „Internet der Informationen“ soll die Blockchain das „Internet der Werte“ schaffen, das ganze Branchen mit hohem Tempo verändern könnte.
Was beinhaltet MiCA?
Der neue Rechtsrahmen umfasst die Bereiche Transparenz, Offenlegung, Genehmigung und Überwachung von Transaktionen durch Dienstleistungsanbieter in der Kryptobranche. Dabei reguliert die EU mithilfe der MiCA-Verordnung den Umgang mit Kryptowerten und stellt Anforderungen an Emittenten und Anbieter von Stablecoins, Kryptowährungen und Dienstleistungen.
Im Wesentlichen umfasst die MiCA-Rechtsgebung folgende Punkte:
- Erlaubnispflicht für Emittenten und Anbieter von Kryptowerten
Kernstück der MiCA ist ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt für Emissionen von Kryptowerten. Demzufolge können Kryptowerte in der EU grundsätzlich nur mit einer entsprechenden Erlaubnis einer nationalen Aufsichtsbehörde emittiert oder angeboten werden. Hierzu muss der Emittent u.a. ein Informationsblatt (vergleichbar mit einem Wertpapierprospekt) erstellen und gemäß den geltenden Vorgaben veröffentlichen.
- EU-Passporting und Zulassung
Praxisrelevant wird vor allem die Regelung zum EU-Passporting werden. Bei grenzüberschreitenden Dienstleistungen muss nicht in jedem einzelnen Mitgliedstaat eine eigene Erlaubnis beantragt werden. Damit in der EU aber eine Tätigkeit ausgeübt werden kann, brauchen Anbieter von Kryptodienstleistungen eine Zulassung, die von den nationalen Behörden ausgestellt wird. Die Zulassungsbedingungen muss der Anbieter jederzeit erfüllen, ansonsten wird die Bewilligung von der zuständigen nationalen Behörde entzogen. Europäische VASPs (Virtual Asset Service Providers) müssen innerhalb der EU etabliert und mit ihrem Management zum größten Teil in der EU angesiedelt sein. So ist zum Beispiel eine zwangsläufige Voraussetzung, dass es mindestens einen Geschäftsführer und ein Büro in dem Mitgliedsstaat gibt, in dem die Zulassung beantragt wird.
- Absicherung für Stablecoins
Stablecoins fallen ebenfalls unter strenge Regeln, damit ein Drama wie das des zusammengebrochenen Blockchain-Projekts Terra LUNA künftig verhindert werden kann. Fortan müssen Herausgeber über ausreichende Reserven verfügen, um jegliche Ansprüche ihrer Nutzer vollständig abdecken und zu jeder Zeit auszahlen zu können. Auch müssen die Reserven für den Fall einer Insolvenz vollständig abgesichert sein.
- Schutz von Wallets und Assets
Besonders bei Transaktionen, die außerhalb der EU stattfinden, ist das Recht auf Schutz der Anleger oder Erstattung von Verlusten auf Seiten der Nutzer ungenügend. Das soll nun verbessert werden, indem die Anbieter von Kryptodienstleistungen strengen Vorgaben zum Schutz der Wallets der Anleger unterliegen und insbesondere dann haftbar sind, wenn Krypto-Assets von Anlegern verloren gehen bzw. gehackt werden.
Der Bereich NFT (Non Fungible Token) fällt übrigens grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich der Verordnung, außer die betreffenden NFTs gehören einer bestehenden Kryptowertekategorie an. Allerdings plant die EU die Ausarbeitung eines Bewertungsschemas sowie eines Gesetzesvorschlags zum Thema NFT in den nächsten Jahren.
Die neue MiCA-Richtlinie in ihrer jetzigen Form tritt wahrscheinlich ab dem vierten Quartal 2022 in Kraft und muss ab dann innerhalb von 18 Monaten in allen Mitgliedsstaaten umgesetzt werden.
Folgen für die Kryptobranche, DeFi und Verbraucher
Trotz aller Bestrebungen der Kryptowelt, anonym und unreguliert zu sein, wird die MiCA-Regulierung essenziell sein, um Innovation zu fördern, Investoren zu schützen und den globalen Handel von digitalen Vermögenswerten im großen Stil zu ermöglichen.
Denn erst durch eine gezielte Regulierung wird das Vertrauen aller Krypto-Marktakteure gestärkt, werden „schwarze Schafe” in der Branche ausgesiebt und kommen die USPs der Blockchain voll zum Tragen. Hierzu zählt z. B., dass Transaktionen schnell, fälschungssicher und ohne Einflussnahme zentraler Instanzen wie Banken, Grundbuchämter oder Notare ausgeführt werden können. Auf diese Weise wird jede Form von Handel, die derzeit von Vermittlern begleitet wird, zu drastisch niedrigeren Transaktionskosten auf eine Blockchain-Plattform migriert. Gleiches gilt für Vermögensgegenstände bzw. alternative Sachwerte, die sich über die Blockchain eindeutig identifizieren, zuordnen und in einem sicheren Rahmen verwahren bzw. schnell und kostengünstig handeln lassen.