Infrastruktur-Investments und Private Equity: Privatanleger entdecken den außerbörslichen Markt
Aktien, Anleihen, Fonds oder ETF kennt jeder Privatanleger. Viele scheuen sich jedoch vor Assetklassen, die bislang vor allem institutionellen Investoren vorbehalten waren - so zum Beispiel Infrastruktur-Investments, Private Equity oder Private Debt. Zahlreiche Studien bestätigen allerdings die positive Marktentwicklung und das wachsende Interesse an Private Markets. Erfahren Sie, welche spannenden Optionen und Renditechancen sich hier für Privatanleger auftun.
Was sind eigentlich Private Markets?
Private Markets sind Investitionsmärkte, die außerhalb der Börsen stattfinden, wobei Vermögenswerte gehandelt werden, die nicht öffentlich gelistet sind. Zu den typischen Anlageklassen zählt Private Equity, Private Debt, Venture Capital, Infrastruktur- und Immobilieninvestments:
- Private Equity umfasst Investitionen in nicht börsennotierte Unternehmen, oft mit dem Ziel, diese zu restrukturieren, zu expandieren oder für einen späteren Börsengang vorzubereiten.
- Private Debt bezeichnet die Kreditvergabe an Unternehmen, die nicht über traditionelle Banken oder öffentliche Anleihenmärkte finanziert werden.
- Venture Capital ist die Kapitalbeteiligungen an Start-ups oder jungen Unternehmen mit hohem Wachstumspotenzial.
- Infrastruktur kann Investitionen in Projekte wie Straßen, Brücken, Energieanlagen oder andere langlebige Vermögenswerte beinhalten.
- Immobilien (Real Estate) ermöglicht Direktinvestitionen in Gebäude, Grundstücke oder Immobilienprojekte.
Private-Market-Investitionen kennen dabei Vor- und Nachteil. Ein Pro-Argument ist beispielsweise die Möglichkeit, in attraktive Unternehmen oder Projekte zu investieren, die nicht öffentlich an der Börse gelistet sind. Für Anleger können solche Beteiligungen attraktive Renditechancen bergen. Auch können Investitionen in Private Markets zu einer sinnvollen Portfolio-Diversifikation beitragen. Denn durch den Zugang zu verschiedenen Asset-Klassen wie Venture Capital oder Private Equity wird das eigene Risiko gestreut und langfristige Wachstumschancen können genutzt werden.
Private Markets waren bislang allerdings weniger zugänglich, liquide und transparent als öffentliche Märkte. Aufgrund der damit verbundenen höheren Risiken, Eintrittsbarrieren und längeren Investitionshorizonten waren sie meist institutionellen Investoren oder wohlhabenden Privatpersonen vorbehalten.
Welche Trends bestimmen die Marktentwicklung?
Seit Jahren ist jedoch eine rasch fortschreitende Demokratisierung der Private Markets zu beobachten. Gründe hierfür sind die Digitalisierung und regulatorische Verbesserungen. Zum Beispiel durch das DLT-Pilot-Regime und ELTIF: Das DLT-Pilot-Regime ist eine Verordnung, die Akteuren auf dem Kapitalmarkt, wie z. B. Wertpapierunternehmen, Marktbetreibern und Zentralverwahrern, neue Betätigungsfelder und Geschäftsmodelle auf Basis der Distributed Ledger Technologie eröffnet. Das Kürzel ELTIF steht für den “European Long-Term Investment Funds”, der 2015 vom EU-Parlament konzipiert wurde. Um langfristige Investitionen zu fördern, investieren ELTIFs primär in Projekte wie Infrastruktur, Immobilienentwicklungen und erneuerbare Energien sowie in Private Debt. Entsprechend streben diese Fonds an, Renditen über einen längeren Zeitraum zu erzielen. Vor etwa einem Jahrzehnt standen ELTIFs nur wohlhabenden Investoren offen, doch seit Januar 2024 steht das Konzept des ELTIF 2.0, wodurch Privatanleger uneingeschränkt ELTIF-Anteile erwerben können.
Eine interessante Entwicklung zeichnet sich diesbezüglich auch beim weltgrößten Vermögensverwalter BlackRock ab, der Private Markets für Kleinanleger zugänglich machen will: die sogenannte Evergreen-Plattform unter dem Eltif-2.0-Regime. Ein Kernmerkmal der neuen Plattform ist das Prinzip der “institutionellen Qualität“: “Jeder Anleger investiert in die gleichen Unternehmen und die gleichen Deals wie auch unsere institutionellen Kunden“, erläutert Benjamin Fischer, Leiter Banken und strategische Kunden im Wealth-Geschäft von BlackRock in Deutschland. Die Notwendigkeit für einen breiteren Zugang zu Private Markets begründet Fischer damit, dass bei Unternehmen mit einem Umsatz von mehr als 100 Millionen Dollar nur 12 Prozent börsennotiert sind.
Spezifisch auf dem deutschen Markt stehen politische Regelwerke im Raum, die darauf abzielen, privates Kapital für alternative Investments zu mobilisieren. Darunter fallen insbesondere die Sachwerte Infrastruktur, Private Equity und Immobilien. Denn ohne Privatkapital lässt sich der grüne und digitale Umbau der Wirtschaft nicht finanzieren. Fachleuten zufolge geht es um mehrere hundert Milliarden Euro pro Jahr, die sich über öffentliche Haushalte nicht mobilisieren ließen.
Dies sind einige der Gründe für die anhaltend positive Entwicklung und Prognose bei alternativen Investments wie Private Markets: Laut dem BAI Investor Survey 2024 allozierte bereits jeder zweite Investor in sechs oder mehr alternative Anlageklassen. Mehr als die Hälfte der Investoren plant außerdem, die Allokation in Infrastrukturanlagen und Corporate Private Debt in den kommenden Monaten weiter auszubauen.
Ein Hauptgrund dafür dürfte - neben der Portfoliodiversifikation - die Renditeperspektive von Private Market Investments sein. Zum Beispiel hat Golding Capital zusammen mit der HEC School of Management Paris die Größe und Wiederholbarkeit von Alpha-Renditen bei Private-Equity-Investitionen gegenüber dem Aktienmarkt analysiert. Das durchschnittliche Alpha gegenüber vergleichbaren Aktieninvestments betrug in den Jahren von 2000 bis 2021 demnach 9,9 Prozent, in Krisenzeiten sogar 35 Prozent.
Wie können Kleinanleger in Private Markets investieren?
Um von den Renditechancen der Private Markets zu profitieren, können Anleger grundsätzlich über verschiedene Wege investieren:
- Private Equity Fonds für Privatanleger
Einige Investmentgesellschaften bieten speziell für vermögende Privatanleger strukturierte Fonds an, die den Zugang zu Private Equity ermöglichen. Diese Fonds haben oft niedrigere Mindestanlagesummen als klassische institutionelle Fonds. - Crowdinvesting und Crowdfunding
Plattformen für Crowdinvesting ermöglichen es Privatanlegern, direkt in Start-ups, Immobilienprojekte oder mittelständische Unternehmen zu investieren. Diese Investments sind oft mit hohen Risiken verbunden, bieten aber potenziell attraktive Renditen. - Zugang über börsengehandelte Produkte (ETFs und Investmentfonds)
Es gibt spezialisierte Fonds und ETFs, die in Private Markets investieren oder an diese Märkte gekoppelt sind. Privatanleger können so indirekt an der Performance von Private Equity, Infrastrukturprojekten oder Immobilienfonds partizipieren. - Tokenisierte Vermögenswerte
Mit der zunehmenden Digitalisierung und Blockchain-Technologie entstehen tokenisierte Anlageprodukte, die den Zugang zu Private Markets vereinfachen könnten. Diese ermöglichen es, Anteile an Vermögenswerten wie Immobilien oder Private Equity in kleineren Beträgen zu erwerben.
Einer der tonangebenden Akteure in diesem Bereich ist der virtuelle Marktplatz FINEXIT. Das 2018 gegründete Unternehmen, das bereits mit der Sparkasse Bremen kooperiert, will es Anlegern ermöglichen, mit geringem Kapitaleinsatz privatwirtschaftliche Investitionen zu tätig.
In einem Interview mit der Börsenzeitung erklärte FINEXITY CEO Paul Huelsmann, dass die Nutzer des Marktplatzes im Durchschnitt 10.000 Euro netto pro Jahr investieren, d.h. der Saldo aus Käufen und Verkäufen. “Der durchschnittliche europäische Privatkunde hat ein Aktienportfolio im Wert von 60.000 Euro. Wir gehen davon aus, dass ein Kunde langfristig in etwa das gleiche Volumen an Private-Markets-Investments haben wird“, so Huelsmann in einer Prognose.
In Zukunft will sich FINEXITY als eine Art Nasdaq für Privatmarktinvestments etablieren. Auf dem regulierten Marktplatz sollen skalierbare Produkte wie etwa tokenisierte Fonds und thematische ETFs für Rohstoffe und Immobilien gehandelt werden.